MGMT im C-Club, Berlin


„Schwieriges neues Album“? Wenn man nicht verkrampft auf „Kids“ wartet, blasen einem die New Yorker Psychedelic-Chefs bereitwillig die Rübe weg.

Nein, das zweite MGMT-Konzert damals im November 2008 war nicht so der Hit. Alles sehr ausgefranst, die Typen, das Jam-Gegniedel der vielköpfigen Band. Die Euphorie, die diesen Autor nach dem ersten Konzert im Mai zuvor bewogen hatte, Mitkonzertbesuchern im Begeisterungsblutrausch die Ohren abzukauen, stellte sich nicht ein. Stattdessen hatte man Mühe, jenem Kollegen argumentativ zu begegnen, der anmahnte, hier würde eine junge Generation mit überkommenem Hippierock-Schwulst angefixt – und fände das auch noch hip!

Waren die nur zu lange auf Tour gewesen? Oder musste man sich Sorgen machen, diese wundervolle Band, die mit ihrem Debütalbum 50 Jahre Psychedelic-Pop/Rock in einen retro-modernen Technicolor Dreamcoat gerollt hatte, dass ihnen Altrocker, Indie-Kids, Kritik und Popradio gleichermaßen zu Füßen lagen, habe bereits den Fokus verloren?

Im Frühjahr 2010 ist das hinfällig. Runderneuert im Glauben an MGMT, die mit dem vor Ideen berstenden Psychedelic-Glam-Kraut-Prog-Punk-Folk-Pop-Meisterstück CONGRATULATIONS eines der tollsten zweiten Alben der vergangenen Dekaden gemacht hat, schwebt man in den C-Club. So ein Hit wie „Kids“ sei aber nicht drauf auf der Neuen, merkt eine Mitkonzertbesucherin an, und schon wird ihr ein Ohr abgekaut: Dass man die Platte doch hören müsse, ohne verkrampft nach dem Radiohit zu suchen und wie sie einen dann reinhole in ihren Zaubergarten aus Ohrwürmern und Hooks und Sounds und Stimmungen und, dass … Dann fängt gottlob das Konzert an. Die Fransen sind ab. Die Band ist auf fünf Mann reduziert, die zwei Chefs sehen aus wie frisch vom Barbier. Ben Goldwasser, der in seinen Keyboards alles drin hat von den Sonics bis Jean Michel Jarre, wirkt smart wie der junge Van Dyke Parks. Andrew VanWyngarden nähert sich mit gekürzten, afro-isierten Haaren – das Stirnband ist weg, das Hemd ungebatikt – seinem Abgott Syd Barrett an.

Und sie spielen tight, ohne selbstvergessenes Blubbern, sondern konzentriert, mit vierstimmigem Gesang und so gut eingespielt, dass sich die melodische-dynamische Kraft der neuen Songs voll entfaltet und man sich fragt, was hier bitte KEIN Hit sein soll. Das funkelnde „It’s Working“? Das bratzende Loblied auf „Brian Eno“? Der Dreampop-Walzer „I Found A Whistle“? Das gestaltwandelnde „Flash Delirium“? Als letzte Zugabe gibt’s dann „Kids“, als Playback-Karaoke von Goldwasser und VanWyngarden, während die Band schon mal die Bühne abbaut. Spitzenhit, toller Schlussgag. Aber nur das i-Tüpfelchen auf einem grandiosen Konzert einer in vollem Saft stehenden Band.

Titelstory, CD im ME & Platte des Monats ME 5/10

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