Menno! Ich will auch einen Preis !


Ein friedlicher Kindergarten war die Popmusik noch nie, selbst zu seligsten Peace-&-Love-Zeiten wurde hinter Kulissen und Verstärkertürmen gestritten, dass die Fetzen flogen. Oft steckt hinter öffentlichen Schimpftiraden nur der Wunsch, mal wieder in die Presse zu kommen, z. B. bei Preisverleihungen. Etwa wenn Kanye West verkündet, die „MTVEurope Awards“ seien ein abgekartetes Spiel und er habe den „Ultimate Urban“-Preis nur gekriegt, weil er anwesend war – verdient hätte das Ding Li’l Wayne, der sich mit dem „Artists‘ Choice“-Award begnügen musste. Mag sein. „Best Act Ever“ wurde Rick Astley, und da müssen wir aus humanitären Motiven widersprechen…

Streit hat Herr West aber auch mit anderen: Rap-Mogul Marion „Suge“ Knight, der kürzlich Insolvenz anmelden musste, verklagte ihn, weil er vor drei Jahren als Gastgeber einer Party im Shore Club in Miami nicht gut genug aufgepasst habe: Suge wurde dort bei einem Gerangel ins Bein geschossen und verlor einen 135.000 Dollar teuren Ohrring, den er jetzt gut brauchen könnte. Die 2008 mit diversen MOBO-, UMA-, WMA-Awards gekrönte bzw. dafür nominierte Estelle wiederum beschwerte sich, sie habe Kanye bei der erwähnten Preisverleihung aus ihrer Garderobe „kicken“ müssen, weil er immer wieder angekommen sei, um ihr sein neues Album vorzuspielen. Büßen musste die Abfuhr ein Fotograf – wegen tätlichen Angriffs auf diesen wurde West Mitte November in Newcastle verhaftet, woraufhin er ein Sondergesetz zum Schutz von Prominenten forderte, denn: „Vergessen wir nicht, dass die Paparazsi Prinzessin Diana umgebracht haben!“

Umgebracht hat Gary Glitter niemanden, vorbestraft aber ist er und muss es sich deshalb gefallen lassen, dass sein Gedenkstein aus der Wand des Liverpooler Cavern Club herausgemeißelt wird. Wie es geschehen konnte, dass sein Oldie „Pm The Leader Of The Gang (I Am)“ in eine Musikprüfung für britische Neuntklässler geriet, ist unklar. Nun wurde der Glam-Dinosaurier auch dort gestrichen, damit „kein Lehrer das Werk dieses Mannes mit jungen Leuten diskutieren muss“. Immerhin muss Glitt er keine Awards zurückgeben, weil es so was zu Zeiten seiner Karriere noch nicht gab.

Auch keine Zier ist Unbescheidenheit, oder war es schlicht Ungeduld, die die Sugababes bewog, sich zu beschweren, dass sie 2008 schon wieder keinen Brit Award gekriegt haben? „Verdienen wir etwa nach dei’ganzen harten Arbeit keinen Preis?“, fragte Keisha Buchanan und drohte: „Wenn sie uns nächstes Mal nicht nominieren, war’s das. Danngeh’ich nichthin!“

Abgesagt hat auch Johnny Borrell : Das Angebot, für das Modehaus Dior zu modeln, passe nicht zu seinem Image. Das leidet sicher weniger unter den abfälligen Kritiken, die seine Band Razorl ight für ihr neues Album kassierte. Sauer ist Johnny trotzdem: „Wenn mir eine Band nicht gefallt, kann ich doch wenigstens objektiv sein!“

Gestritten wird auch im deutschen Pop um viele Preise, schließlich gibt’s dafür meistens Geld. Schön ist es, wenn’s die Gewinner verdient haben. Johanna Zeul z. B., die sich den ersten Platz beim „Jugend kulturell Förderpreis 2008 „Popmusik“‚ einer deutschen Bank mit My Baby Wants To Eat Your Pussy teilt. Letztere haben ein eigenes Label namens (übersetzt) „Arschhammerplatten“ und durften schon mal als Schlagzeuggast Udo Lindenberg auf der Bühne begrüßen. Der äußerte sich in typischer Diktion erfreut: Es handle sich um eine „vorherragende Band“. Richtig weltinternational besetzt war die „Jägermeister Rockliga“, bei der die kanadischen C rystalCastlesvorShitdiscound Metronomy siegten.

Andere nutzen den Weihnachtsfrieden zur Versöhnung: Die New York Dolls lassen ihr nächstes Album von ToddRundgren, dem (damals viel geschmähten) Produzenten ihres Debüts (1973), produzieren. Die Faces trafen sich am 17. November zur ersten Probe für ein neues Album (das erste seit 1973). Die Manie Street Preachers wollen 14 Jahre nach dem Verschwinden von Richey Edwards nun doch die Texte verarbeiten, die er in einer Schachtel zurückließ. Und Ultravox hoffen auf ein neues 8oer-Revival und gehen im April auf Tour – leider nicht in Ur-, sondern Ure-Besetzung mit Frontmann Midge. Endgültig die Bühne verlassen haben Descendents-Gitarrist Frank Navetta, Cover-Illustrator Guy Peellaert (74), Hendrix-Schlagzeuger Mitch Mitchell (61), Ex-Motown-Boss Jheryl Busby (59), Mothers-of-Invention-Trommler Jimmy Carl Black (70) und Miriam Makeba (siehe Seite 16).