„Mehr Hedonismus!“
Hot Hot Heat haben einen Haufen Lieder weggeschmissen und dann bessere geschrieben. Jetzt heißt es: Spaß haben.
Bam! Der Rhythmus knallt unvermittelt in den vollgepfropften Hamburger Kellerklub, die Gitarre kollabiert ein bißchen, und dann zuckt Steve Bays Krauskopf, woraufhin seine Stimme vornüber kippt und Hot Hot Heat hörbar angekommen sind wieder zurück. Sofort tanzen Menschen vor der Bühne. Trainingsjackenträger! tanzen! ohne vorher zehn Bier getrunken zu haben! Was ist denn hier los?
Vor drei Jahren lehrten Hot Hot Heat mit ihrem Debüt MAKE UP THE BREAKDOWN die sich auf die Turnschuhe starrende Indie-Pop-Gemeinde mit zackigen und knackigen Exzeß-Songs das Tanzen. Sie tourten 16 Monate durch die Welt und gehörten bald zu jener Bande neuer Bands, deren Sound sich aus der Klangästhetik diverser Früh-8Oer-Helden, der Hippeligkeit der Beatgruppen aus den 60ern und einem Hang zum weißen Soul zu formen schien. Radio 4, The Rapture, Franz Ferdinand und Hot Hot Heat brachten den in sich gekehrten Indie-Rock zurück ins zuckende Schwarzlicht. Und hier wird jetzt getanzt.
„Letzte Nacht war der Wohnsinn. Irre, wie die alte abgegangen sind“, sagt Steve Bays am nächsten Tag heiser und brabbelt dann was von Erlösung. Fast ein Jahr arbeiteten die vier Kanadier an ihrem zweiten Album ELEVATOR. Einfach war das nicht: „Das erste Album hatten wir in sechs Tagen aufgenommen. Damals konnten wir uns gar nicht leisten, länger im Studio zu bleiben, weswegen am Ende alles hastig und gehetzt klang. Diesmal wollten wir den Songs mehr Ebenen geben und Tiefe, ohne die Dringlichkeit zu verlieren. Die neue Platte sollte auf jeden Fall besser werden als die erste.“ Den ersten Schwung Songentwürfe traten die Mitt-20er dann auch unzufrieden in die Tonne. Die daraufhin entstandenen 2S Stücke nahmen sie oft in vier verschiedenen Versionen auf, um sich dann für die beste zu entscheiden. Übrig bleiben zwölf Lieder, produziert von Dave Sardy ISlayer, Red Hot Chili Peppersl. „Der ganze Arbeitsprozess war sehr manisch. Es gab Dramen und Tragödien und viele Aufs und Abs – wie in einem Fahrstuhl eben“, erklärt der Sänger. Der Albumtitel beziehe sich aber eher auf das Leben als solches, „denn es geht ja immer hoch und runter. Nichts ist konstant.“ Auch die Bandbesetzung nicht: Gitarrist Dante DeCapro stieg nach den Aufnahmen aus, „weil er keinen Bock aufs Touren hat“. Der Neue heißt Luke Paquin und kommt aus Los Angeles.
Noch eine Neuigkeit, eine ziemlich heiße: Die derzeit wichtigste aller 80er-Bands, die soeben reformierten Gang Of Four, werden eines der neuen Hot-Hot-Heat-Stücke remixen. Andere namhafte Künstler wurden angefragt. „Es ist eine gute Zeit für Bands wie uns“, stellt Bays fest. „Der Mainstream interessiert sich plötzlich wieder für den sogenannten Indie-Rock.“ Was auch daran liegen mag, daß der Indie-Rock aus seiner muffigen „Die Welt ist Scheiße und keiner versteht mich“-Ecke herausgekommen ist. Smells like Generationenwechsel. „Wir wollen, daß sich die Leute entspannen und gutfühlen. Viele sind zu sehr damit beschäftigt, sich am Kinn zu kratzen und alles zu zerdenken. So verpassen sie den ganzen Spaß“, findet Steve. „Wir fordern mehr Hedonismus!“
www.hothotheat.com