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Mavi Phoenix im Interview: „Ich bin gar nicht cool”


Doch. Sie ist cool. Mavi Phoenix aus Österreich steht auf dem Sprung zum Popstar mit internationalem Format – ganz ohne Austropop- Appeal. Wir sprachen mit der jungen, viel beachteten Newcomerin über Heimat, Handwerk und Hooks, die man nicht aus dem Kopf kriegt.

Nach Österreich klingt Mavi Phoenix nicht. Sie ist nicht beleidigt, wenn man ihr das sagt. Wobei damit ausdrücklich ihre Musik gemeint ist, am Akzent merkt man schon, dass sie straight outta Linz stammt. Ihr HipHop-Auto-Tune-Pop-Bastard wiederum klingt eher nach amerikanischer Drake-Produzenten-Schule. Auch ihr Künstlername verwischt die Spuren – im Ausweis der 1995 Geborenen steht Marlene Nader.

Warum also so wenig Österreich, obwohl Austropop zur Zeit ihres Karrierestarts im Jahr 2013 gerade der heiße Scheiß war? „Es war von Anfang an mein Ansatz, internationale Musik zu machen. Ich meine das völlig wertfrei. Ich habe einfach wenig von Österreich mitgenommen in meine Musik. Amerikanische Popmusik war da viel wichtiger. Ich verstehe mich schon als Österreicherin, aber – und so geht es eh vielen in meiner Generation – ich fühle mich eher als Weltenbürger und Europäer. Das klingt jetzt sehr abgedroschen, aber trotzdem finde ich es in unseren Zeiten etwas egal, wo man herkommt.“ Das klingt überhaupt nicht abgedroschen. Im Gegenteil: Solche Töne hört man aus Österreich gerade zunehmend seltener – und deshalb hier sehr gerne.

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Mavi Phoenix ist in ihren Songs nicht unbedingt explizit politisch, aber trotzdem hat man das Gefühl, sie wisse genau, wo sie steht. Und sie weiß, dass sie von vielen jungen Menschen gehört wird, die ihre Musik, ihren Style und ihre Art feiern. Im neuen Track „Prime“ singt sie „We’re on the sameboat if you ask me“ und wendet sich an eine „new generation“, die sie „in their prime“ sehe. „Ja, bei dem Lied war es tatsächlich so, dass ich bewusst eine Message rüberbringen wollte. Es geht mir darum, mir und hoffentlich auch anderen Mut zu machen, weil es ja politisch und gesellschaftlich gesehen aufregende Zeiten sind.“

„Prime“ klingt dabei optimistisch und angriffslustig zugleich – was kein Zufall ist, wenn man weiß, dass Mavi von Anfang an hart gedisst wurde. Meist von alten Kulturmedienmännern oder jungen, testosteron-überfütterten HipHop-Dudes. Sie lacht zwar, wenn man sie darauf anspricht, aber ihre Antwort klingt trotzdem ernst: „Ich merke, dass ich als Künstlerin wahnsinnig anecke. Ich muss dafür nicht mal was machen: Was ich bin oder verkörpere, scheint vielen zu reichen, um aufgeregt über mich zu diskutieren. Trotzdem wollte ich bei ‚Prime‘ mal zeigen, dass mir viele Dinge wichtig sind und ich keiner von diesen destruktiven Rappern bin, die nur pöbeln und protzen wollen.“

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Destruktiv ist sie nun wirklich nicht. Eher bestimmt, überlegt, produktiv. Das merkt man auch daran, wie sie ihre Karriere justiert hat. „Young Prophet II“ ist wieder auf dem eigenen Label LLT Records erschienen, das sie mit ihrem Management gegründet hat. Major Label, my ass! „Für mich als Künstlerin ist das eine der besten Geschäftsformen, die man haben kann. Wir haben viel Arbeit, aber alles in der Hand – und ich muss mit niemandem über meine eigenen Songs diskutieren.“ Ihre Einschätzung der großen Labels fällt verheerend aus: „Die Probleme von denen liegen vor allem im Development von neuen Acts. Die bauen niemanden auf, die schnappen sich irgendwann wen, der es schon geschafft hat. Sie bringen meistens nichts Neues zustande – dabei ist das doch das Wichtigste!“

Die neuen Songs entstanden wieder mit ihrem Co-Produzenten Alex The Flipper, der schon seit der ersten „Young Prophet EP“ mitmischt. Bei „Aventura“, „Janet Jackson“, aber auch neuen Tracks wie „Ibiza“ und „Yellow“ – alles Hits. In seinem Studio in Linz sitzt Mavi auch, als wir mit ihr sprechen. Da sie ihre ersten Songs noch selbst produzierte und sich tief in das Thema reingearbeitet hat, war es für sie erst gar nicht so leicht, das Mischpult zu teilen: „Ich komme eben vom Produzieren. Mir war von Anfang an klar: Wenn ich Musik machen will, muss ich das selbst können. Alex und ich vertrauen uns inzwischen aber so, dass da kein falsches Ego am Platz ist – bei keinem von uns.“

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Eine Kombination, die aufgeht. Was aber auch an Mavis intuitivem Gespür für gute Sounds und gute Hooks liegt. Woher kommt das? „Ich glaube, schlichtweg daher, dass ich, seit ich denken kann, Musik liebe. Einfach da zu liegen und Musik zu hören war immer schon mein größtes Hobby. Ich habe schon in der Schule meinen Freundinnen meine Lieblingsstellen in einem Song vorgespielt und war traurig, wenn die nicht zu begeistert waren wie ich. Als Teenager habe ich mit meinem Macbook dann meine ersten Lieder aufgenommen.”

Und wovon handelt der erste Song, den sie geschrieben hat? „Mhm, lass mich überlegen. Von der Liebe, glaube ich. Es ging um ein Mädchen. Nee, warte mal. Der erste hieß ‚Oh-La-La-La-La‘ – da ging es darum, es als Künstlerin zu schaffen. Da war ich 13.“ Dann singt sie uns diesen Refrain tatsächlich vor – und auch wenn der textlich noch nicht so deep geraten war, ist er durchaus catchy. „Vielleicht mach ich mal ein Rework“, lacht sie.

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Unter Mavis Video zu „Ibiza“ kann man inzwischen beobachten, wie die Diss-Postings weniger und die Props mehr werden – oft und vor allem von jungen Frauen. Keine Frage, Mavi ist ein perfektes Role Model – gerade weil sie sich darüber wenig Gedanken und einfach stoisch cool ihren Kram macht. „Für mich ist das nie ein Thema gewesen, bevor ich auf einmal sehr viel mit Medien zu tun hatte. Ich dachte, es ist völlig egal, ob man Frau oder Mann sei. Wie naiv ich da war! Ich musste schmerzhaft lernen, dass es da gewaltige Unterschiede gibt, wie man behandelt, gesehen oder aufgenommen wird.

Aber wie du eben sagtest: Ich bin hier, ich mache meinen Kram, und ich habe dieses vielleicht naive aber extreme Urvertrauen, mit dem ich in die Musik gekommen bin, zu meinem Weg gemacht. Ich glaube daran, dass mir niemand etwas anhaben kann und dass das meine Bestimmung ist. Vielleicht denken deshalb viele, dass ich so cool bin – das lese ich oft, immer dieses Wort, aber ich bin nicht cool, das kann ich wirklich sagen. Ich bin jedoch sehr strikt bei dem, was ich mache und sehe überhaupt nicht ein, warum ich mich durch mein Geschlecht begrenzen lassen soll.“ An dieser Stelle jetzt bitte einen Mic-Drop denken…

Hier Mavi Phoenixs aktuelle EP „YOUNG PROPHET II“ im Stream hören:

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