Mathilda May: Nackter Ehrgeiz
Nach 15 Filmen, unzähligen Modefotos und Titelseiten gehört Mathilda May in Frank- reich zu den Stars. Mit "Nackter Tango" und ihrer ersten Rock-LP setzt die aktive 25- jährige jetzt auf Weltkarriere.
Gene Kelly sagte mir einmal, daß ich die nächste Leslie Caron sein würde“, ist eines der Zitate, wie sie in Interviews mit Mathilda May zu finden sind. Oder: „Ich habe eine Agentin, seit ich zehn war.“ Oder: „Wenn Frankreich noch reaktionärer wird, gehe ich endgültig nach Hollywood. „
Den Sprung nach Hollywood hatte Mathilda May schon vor sechs Jahren versucht. Damals spielte sie im SF-Thriller „Lifeforce“ von Tobe Hooper eine weiß geschminkte, nackte Außerirdische. Prince war angeblich so beeindruckt von ihrem Auftritt, daß er die damals 19jährige für seinen Film „Under The Cherry Moon“ besetzen wollte. Prince entschied sich dann aber für Kristin Scott-Thomas, sein Film wurde ein Flop – und May machte weiterhin Fotos und Filme in Paris. Unter anderem: „Der Schrei der Eule“ von Claude Chabrol, für den sie 1988 den „Cesar“ als beste Nachwuchsschauspielerin erhielt.
„Nackter Tango“ ist nun der zweite Versuch zum Start in eine außer-französische Karriere für Mathilda May. Der Titel klingt zwar spekulativ, und die Ankündigung („Der Lambada muß sterben, der Tango ist stärker.“) könnte schräger nicht sein.
Dennoch handelt es sich um einen sehenswerten Film. Produzent David Weisman
und Drehbuchautor Leonard Schrader bringen ihr Renommee aus „Der Kuß der Spinnenfrau“ mit. Schrader (Bruder von „Taxi Driver“-Macher Paul) führte erstmals auch Regie, er inszenierte eine wahre Geschichte aus den 20er Jahren: May spielt Stefanie, die in Buenos Aires in einen Teufelskreis zwischen ihrem alten Ehemann (Fernando Rey). einem jungen Zuhälter (Esai Morales) und einem Tango-Lehrer (Vincent D’Onfrio) gerät. Der „nackte Tango“ ist ein Ritual, mit dem Vergeltung, Besitzansprüche und Leidenschaft gleichzeitig ausgedrückt werden sollen.
Zwischen „Nackter Tango“ und ihrem nächsten Film „Isabelle Eberhardt“ nahm Mathilda May eine LP auf (produziert von der Rockgruppe Loose Ends), posierte für das Cover eines Bettina Rheims-Fotobandes, präsentierte Romeo Gigli-Mode und so weiter. In Frankreich werden Talente bekanntlich ganz anders gefördert als bei uns. Vielleicht gibt es dort aber auch einfach den größeren Ehrgeiz.