Mata Atari


»Jumpin' Jack Flash*... Das ist doch...? Ja, genaul Jfs a gas, gas, gas." Aretha Franklin hat mit ihrem Remake des Rolling Stones-Klassikers rechtzeitig den Nährboden bereitet — Whoopie Goldberg kann jetzt voll zuschlagen. Und sie trifft ins Schwarze.

Exzentrisch, exotisch, vollkommen ausgeklinkt: Whoopie Goldbergs Interpretation der Bankangestellten Terry Doolittle raubt einem den Atem. Dabei ist sie leicht zu durchschauen: Terrys überschwengliche Begeisterung für Paul Newman, Humphrey Bogart oder Mick Jagger, ihre Vorliebe für Kinderspielsachen, Liebesromane und knallige Klamotten sind nur billiger Frustrationsabbau. Denn ein richtiger Mann ist ihr bis jetzt noch nicht über den Weg gelaufen. Kein Wunder! Die quirlige Quertreiberin mit der vorlauten Klappe und der sprühenden Intelligenz haut auch den stärksten Mann um.

Eines Abends, als sich Terry wieder einmal nicht von ihrem Büro-Computer trennen kann, verschlägt es ihr die Sprache: „Knock. Knock“ leuchtet es da auf dem Bildschirm. Und: Jumpin‘ Jack Flash.“ Der Hilferuf eines britischen Geheimagenten aus dem bösen Ostblock. Gelingt es Terry, den Code zu knacken, kann sie das Leben des Spions retten. Das Spiel gefällt ihr. Terry ahnt, daß die gefährliche Computerkorrespondenz das Abenteuer, der identitätslose Absender der Mann ihres Lebens sein wird.

Die nichtsahnende Angestellte wird zum Spielball zwischen KGB-, FBI- und CIA-Fronten, Aber Terry, die Fighterin, hält sich tapfer, obwohl sie als Amateur-Agentin erst mal alles falsch macht. Dem britischen Botschafter brüllt sie die geheime Nachricht, getarnt durch eine Pflanze, mitten ins Gesicht — und einen nächtlichen Eindringling will sie mit ihrer überdimensionierten Plastikzahnbürste k.o. schlagen.

Aber nach und nach gewinnt ihre Vorgehensweise Methode. Je lauter Terry schreit, je auffälliger sie sich benimmt, desto verschreckter werden die Verfolger. Schließfach hangelt sie sich in bester Bond-Manier von Häuserdächern hinab in die bewachte Schaltzentrale des KGB-Agenten.

„Jumpin‘ Jack Flash“ von Regisseuse Penny Marshall ist eine der frechsten, farbigsten und fetzigsten Abenteuerkomödien der letzten Jahre. Endlich gibt es zwei Frauen, die im leidigen Streit um männliche Dominanz im Kino berühmten Kollegen wie Blake Edwards und Peter Seilers das Wasser reichen können. Die schwarzhäutige Hauptdarstellerin Whoopie Goldberg, der Star aus Steven Spielbergs „Die Farbe Lila“, entpuppt sich als unwiderstehlich charmante Komikerbegabung. Wie sie zu dem Stones-Klassiker rockt, wie sie partout das Treppengeländer mit dem Kopf voraus hinunterrutscht, wie sie ohne Verschnaufpause zwei Stunden durch den Film fegt, das ist einmalig.

Ein Agententhriller ohne suspense also? Auch wieder falsch. Schießereien, Morde, Entführungen und Verfolgungsjagden sind durchaus professionell, d.h. schön blutig in Szene gesetzt. Nur büßen sie durch Ter umkomplizierte Handhabung ihre absolute Bedrohlichkeit ein. j Am Schluß wird es für Terry ; aber doch noch bitterernst. Inzwischen ist der Geheimagent gerettet und Terry zur Abteilungsleiterin avanciert. Für das lang ersehnte Da-1 te mit dem unbekannten Intimus verzichtet Terry sogar auf ihr lässiges Styling (hervorragende Kostüm-‚ Designerin: Susan Becker) und wirft sich in seidene Schale. So sitzt sie da, im Nobelrestaurant, und wartet vergeblich auf den Mann ihres Lebens. War ihr Jumpin‘ Jack Flash doch nur ein Phantom?