Massive Attack, Berlin, Arena
DER DANCE MUTIERT WEITER. Massive Attack live, das waren einmal drei DJs mit fettem Soundsystem und aufwendigen Laserprojektionen, zusammengepfercht auf engstem Raum. Garniert wurde das Erlebnis mit exzellenten Castsängern und Sängerinnen.
Die 3000 Zuhörer in der Berliner Arena (darunter auch die Herren Rammstein und Die Sterne) sind mit Beginn des Konzertes sichtlich irritiert. Massive Attack sind heute verwirrend anders: auf einer geräumigen Bühne, weit vor den Turntables und Samplern, stehen Drumset, Keyboard, Bass- und Gitarrenverstärker. Eine namenlose Band beginnt im sparsamen Scheinwerferlicht mit einem unbekannten Sänger einen unbekannten Song zu spielen. Der Sound ist düster und ungewohnt rockig. 3D, Mushroom und Daddy G stehen derweil unerkannt am Bühnenrand und sehen ihrer Band beim Musizieren zu. An dieser Situation wird sich in den nächsten 90 Minuten kaum wesentliches ändern.
Das Set verläuft nach einem festen Schema: Ein Song vom noch unveröffentlichten neuen Album, gefolgt von einem Stück vom „Protection“-Album, danach ein „Blue Lines“-Klassiker und dann wieder ein neues Stück, das ganze klanglich bandgerecht reduziert. Der Mann am ungewöhnlich großen Soundpult kämpft in der akustisch schwierigen Arena für eine gute Sache: Weniger Geblubber, dafür mehr Geschubber auf der E-Gitarre, die dem Massive-TripHop fast Prodigy-charakteristische Energie verleiht. Die Beats orientieren sich diszipliniert um die 90 bpm-Marke. Auf der Bühne herrscht ein Kommen und Gehen. Nur kommt nie jemand, den oder die man eigentlich sehen will: Keine Nicolette, keine Shara Nelson, keine Tracey Hörn, dafür immerhin Reggea-Legende Horace Andy. Für „Karmacoma“ bequemt sich zwischendurch mal 3D an den Bühnenrand, verschwindet aber schnell wieder backstage. Daddy G kommt ein paar mal artig ans Mikro, stellt „die neue Sängerin“ vor oder fragt beim Publikum nach:“Areyou cool?“
Ein risikoreiches Unternehmen: Normalerweise will ein Publikum Stars und ihre Gesichter sehen. Nur nicht bei Massive Attack. 3D, Mushroom und Daddy G halten sich im Hintergrund,trotzdem werden ihre „Hits“ vom Publikum in Berlin beschrien, als würde Bono sein letztes Hemd ausziehen.