Marusha Tanz in den Mai
20000 Raver feiern auch dieses Jahr die größte House-Party Deutschlands in Dortmund. An vorderster Front DJ Marusha
Ich bin eigentlich selber Raver, wollte nie DJ werden, und fand das immer Klasse, wie die anderen aufgelegt haben. Wenn Marusha heute ihren Platz hinter den Turntables einnimmt, laufen die Trillerpfeifen Amok und tausend Arme fliegen in die Luft. „Somewhere over the rainbow“ heißt die Overtüre zu Marushas Techno-Konzerten an immer noch seltenen Abenden, die sie als DJ bestreitet [„Öfter als viermal im Monat will ich nicht auflegen, sonst krieg ich die Krise.“). Die Techno-Cover-Version des Hollywood-Standards, die „auch nur so ’ne spontane Idee war“ hat sich in kürzester Zeit zum Top Ten-Hit gemausert.
Doch das ist nicht die erste unvorhergesehene Begebenheit im Leben der Marusha Geiss. In Nürnberg geboren verbrachte die heute 25-jährige Halbgriechin die glückliche Zeit vor der Einschulung bei ihren Großeltern in Griechenland. Vielleicht der Urgrund für ihre ungezügelte Energie, wie sie heute meint, denn „bei der Oma durfte ich alles. Meine Eltern haben danach versucht, mich zu disziplinieren, damit sind sie aber nicht durchgekommen.“
Im Teenie-Alter kollidierte Marushas Eigensinn mit der aufkeimenden Acid-House-Bewegung. Ein paar England-Reisen gaben die nötige Inspiration und Marusha begann mit Freunden in Nürnberg Parties zu organisieren und bald auch einen eigenen Club zu leiten. „Das war der erste Techno-Club Nürnbergs.“ Wen wundert’s. Die Frankenmetropole konnte auf Dauer nicht der Nabelpunkt von Marushas Musikwelt bleiben. Auf einer Party der deutschen House-Label-Pioniere von Low Spirit im Techno-Zentrum Berlin lief ihr ein Redakteur des ehemaligen Ostradios DT 64 über den Weg und umwarb sie als Moderatorin für eine Dance-Sendung. Die macht sie heute noch, auch wenn der Sender auf derselben Frequenz heute den klangvollen Namen Fritz trägt. Doch das ist wieder eine andere Geschichte.
Um DT 64 vor dem Exitus zu retten, rief Marusha zusammen mit den DJ und Label-Kollegen bei Low Spirit Westbam und Dick 1991 die erste Mayday ins Leben – Deutschlands größter Techno-Event, der heuer ins vierte Jahr geht. Dick ist Marushas zweite Hälfte, dem sie, am Rande bemerkt, ebenfalls zum ersten Mal auf jener entscheidenden Party begegnete. Die „Liebe auf den ersten Blick“ gestand sich das Techno-Traumpaar wenig artgerecht drei Monate später in Berlins Absturzschuppen der Rock- und Hardcore-Fraktion, dem Sexton. Der DJ-Freund und Westbam Bruder war es auch, der Marusha das nötige Handwerk beibrachte, um die Massen in Bewegung zu setzen. Das richtige Berufsethos hat ihr schon frühzeitig ihre Mutter mitgegeben:
„Wenn ich früher bei offener Balkontür meine Acid-Scheiben gespielt habe, hat sie immer raufgebrüllt ,Hey, mach mal lauter – die Musik ist ja super.“
Das richtige Händchen für die passenden Tonträger beweist Marusha mit ihren Lieben aus der Low-Spirit-Familie und weiteren 23 DJ’s am 30.April auf der größten Mayday, die dieses Land jemals gesehen hat. In drei Hallen geht es dieses Jahr in Dortmund rund (Information: 030/3246067). Wie man das ohne bleibende Schäden am besten überlebt, weiß Marusha aus langer Erfahrung: „Keine Drogen, kein Alkohol – dann sieht man immer fit aus, auch am nächsten Morgen.“