Mark Knopfler: Der leise Dino


Mit ,'The Ragpicker's Dream' legt Mark Knopfler einmal mehr seine musikalischen Wurzeln frei.

Es muss ein ziemlich fanatischer Fan gewesen sein, der Forscher, der vor einigen Jahren in einer Steinablagerung in einer unwirtlichen Gegend Madagaskars das Skelett einer bislang unbekannten Dinosaurier-Art entdeckte, denn: Er taufte das Reptil aus anno Tobak „Masiakasurus Knopfleri“- eine paläontologische Verneigung vor dem mittlerweile in Ehren ergrauten Rock-Dino und Ex-Dire Straits-Chef Mark Knopfler, der bekanntlich keinen Bock mehr auf Rock und Big Business hat: „Geld ist für mich absolut kein Argument“, sagt der gemütliche Mann mit dem unauffälligen Jeans- und Sweatshirt-Outfit, „ich will in Zukunft einfach ein paar gute Alben produzieren.“ Kein schlechter Plan. Zumal Knopfler auch solo für Top-Hits gut ist. Sein letztes Album „Sailing To Philadelphia“ (2000) segelte neben Deutschland auch in Italien und Norwegen schwungvoll auf Platz eins; in neun weiteren Ländern sprang für das ruhige, stimmungsvolle, introvertierte Werk ein Rang in den Top Five der Charts heraus. Mit „The Ragpicker’s Dream“ legt er jetzt nach, führt der 53-Jährige den musikalischen Faden konsequent fort, den er mit „Golden Heart“ und „Sailing…“ aufgenommen hatte: Musik von einem Erwachsenen für Erwachsene. Knopfler verpackt seine nostalgischen, romantischen, ironischen und teilweise abstrusen Gedanken in bodenständige Klänge: Blues, Folk, ein paar Bluegrass- und Hillbilly-Tupfer, eine Prise Country-Swing und – gleich zu Beginn der CD – gemäßigter Rock mit einem typischen Dire Straits-Riff: „Why Aye Man“ heißt die über sechsminütige Zeitreise in die Thatcher-Ära. Eine Zeit, die gerade für die Bevölkerung im wirtschaftlich benachteiligten Norden Englands besonders hart war: „Viele wurden zu Wirtschaftsflüchtlingen „, erzählt der ehemalige Lehrer und Journalist von der Epoche unter der Eisernen Lady, „viele Leute sind damals nach Deutschland gefahren, um dort auf dem Bau oder sonstwo zu arbeiten.“ Nicht nur das, wie man in dem Song erfahren kann. Mit typisch knorriger Stimme singt er von den „deutschen Frolleins“, vom so guten „chemicalfree beer“ und von den „plenty Deutschmarks“, die es damals offenbar zu ernten gab. Kurz: ein kleines Liebeslied an Deutschland – was für einen Briten allemal ungewöhnlich ist. Gerade als ob Knopfler sich für manche Landsleute schämen würde und schnell etwas gerade rücken möchte, bekennt er mit aufrichtigen Augen: „Ich liebe Deutschland.“ Und die Deutschen lieben immer noch die Dire Straits, mit denen der Meister längst seinen Frieden gemacht hat und gelegentlich gar wieder Benefiz-Konzerte gibt. Über die alten Zeiten, als die Band zum Beginn ihrer Karriere als J.J.-Cale-Epigonen belächelt wurde, sinniert er heute milde: „Dass wir damals mit ihm verglichen wurden, war völlig okay „, lässt er 25 Jahre später verlauten. Warum hat er dann seinem früheren Vorbild nie – wie etwa Eric Clapton – eine Cover Version spendiert, um es in der Tantiemen-Kasse von Cale ordentlich klingeln zu lassen? „Das wäre tatsächlich eine Idee. Er brauchte sich nur mal melden, wenn er etwas Kohle braucht“, sagt Knopfler. Der Dino in Madagaskar war hoffentlich ein freundlicher Kerl. Sonst würde er diesen Namen nicht verdienen.

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