Mark Hamill im Interview: „Carrie Fisher sollte jetzt hier mit uns sitzen“
Mit „Star Wars: Die letzten Jedi“ kehrt Mark Hamill in seiner berühmtesten Rolle als Luke Skywalker zurück. Ein Gespräch über die Fortsetzung der Saga, über die Treue der Fans, King Kong und seine enge Freundschaft zur verstorbenen Carrie Fisher.
Eigentlich war alles ein Zufall. Der Schauspieler Robert Englund nimmt an einem Casting zu Francis Ford Coppolas „Apocalypse Now“ teil und stellt fest, dass auf dem Studiogelände
noch Darsteller für ein anderes Projekt getestet werden. Ein gewisser George Lucas sucht einen geeigneten Mann für die Hauptrolle in seiner „Krieg der Sterne“-Trilogie. Englund überzeugt seinen Freund Mark Hamill, der bis dahin nur fürs Fernsehen gearbeitet hat, sich zu bewerben. Hamill bekommt den Zuschlag und wird als Luke Skywalker weltberühmt. Vier Jahrzehnte später nimmt Hamill das Laserschwert nun noch einmal in die Hand. Nach einem Kurzauftritt im Finale von „Star Wars: Das Erwachen der Macht“ wird er in „Star Wars: Die letzten Jedi“ wieder eine tragende Rolle spielen. So genau weiß man das natürlich noch nicht, sämtliche Details sind streng geheim. Und so sehr der 65-Jährige beim Interview in Plauderlaune ist – am Ende steht fest: Dieser Mann kann ein Geheimnis bewahren.
me.Movies: Liegt das Laserschwert heute anders in der Hand als vor 40 Jahren?
Mark Hamill: Werde ich denn ein Laserschwert in der Hand haben? Das wissen Sie doch noch gar nicht. Ein Kollege fragte mich, wie es war, noch einmal mit Carrie Fisher vor der Kamera zu stehen. Werden wir in gemeinsamen Szenen zu sehen sein? Das darf ich alles nicht verraten, egal wie clever Sie fragen. (lacht)
Versuchen wir es mal so: Wie unwirklich kommt es Ihnen vor, diese Rolle noch einmal zu spielen und dafür Interviews zu geben?
Es ist sicherlich sehr ungewöhnlich. Aber irgendwie kam es auch nicht so unerwartet, wenn ich länger darüber nachdenke. Denn „Star Wars“ war ja nie wirklich von der Bildfläche verschwunden. Ich habe allerdings nicht gedacht, dass es so lange dauert. Die Begeisterung und die Leidenschaft der Fans haben ja nie abgenommen. Ich weiß das jetzt alles auf eine Art zu schätzen, zu der ich in meinen Zwanzigern nicht im Stande gewesen wäre. „Star Wars“ war mein erster Kinofilm. Ich war in meiner jugendlichen Naivität überzeugt, es würde mit meiner Karriere immer so weiter gehen – alle meine Filme würden 35 Mal für den Oscar nominiert.
Ist es für Sie ein Kompliment oder ein bisschen frustrierend, dass „Luke Skywalker“ Ihr größter Erfolg geblieben ist?
Das haben Sie schön formuliert. Ich bin auch schon gefragt worden, ob ich nicht sauer bin, dass diese Rolle die einzige ist, in der man mich erinnern wird. Und wissen Sie, was ich darauf antworte? Ich bin froh, dass man sich überhaupt noch an mich erinnert. Denn das habe ich nie erwartet. Das ist für mich eindeutig ein Bonus. Aber ganz ehrlich? Wenn ich Fans treffe und beobachten kann, wie leidenschaftlich die bei der Sache sind – das bewegt mich. Jeder hat eine persönliche Geschichte, die er mit „Star Wars“ verbindet. Einer hat seine Frau bei „Das Imperium schlägt zurück“ kennengelernt, als „Die Rückkehr der Jedi- Ritter“ in die Kinos gekommen ist, kam ihr erstes Kind zur Welt und jetzt sieht sich die ganze Familie gemeinsam „Das Erwachen der Macht“ an. Das ist ein Phänomen, das inzwischen mehrere Generationen fasziniert. Das finde ich toll.
Wann wurde Ihnen bewusst, dass „Star Wars“ viel mehr als ein Film ist?
Eigentlich von Anfang an. Ich erinnere mich noch genau, wie ich das Drehbuch zu „Krieg der Sterne“ gelesen habe. Ein Freund von mir hatte gehört, dass George Lucas einen Science-Fiction-Film machen will. Wir waren beide Fans von „American Graffiti“ (Lucas’ zweiter Spielfilm von 1973 – Red.). Ich las also das Skript und mein Freund fragte mich, wie ich es finde. Und ich meinte: Für mich ist das kein Science-Fiction. Da gibt es einen Zauberer, eine Prinzessin, einen Weltraum-Piraten, einen Farmersjungen und den sprechenden Blechmann. Mich erinnerte das vor allem an „Der Zauberer von Oz“. Nur dass hier „Luke“ statt „Dorothy“ dieses große Abenteuer erlebt. Hätten wir uns in Pferdekutschen statt Raumschiffen vorwärts bewegt, wäre es ein klassisches Märchen. Es war völlig anders als „Raumschiff Enterprise“, denn bei uns stand an keiner Stelle die Verehrung der Wissenschaft im Vordergrund. Es hatte eine absolut absurde Qualität.Weil Sie eine neue Welt mit alten Mitteln erfunden haben?
Das war der eine Aspekt. Aber eigentlich war das ganze Projekt absurd. Und das wurde mir in bestimmten Momenten in seiner ganzen Schönheit bewusst. Zwischen den Szenen musste ja das Set immer wieder aufwendig präpariert werden. Und sie haben uns dann gesagt, es wäre einfacher, wenn wir in der Kulisse warten, als wieder herunterzuklettern. In diesen Augenblicken habe ich mich umgesehen: Neben mir saß Harrison Ford und auf der anderen Seite einer der renommiertesten Schauspieler überhaupt, Sir Alec Guinness, und links wartet ein Mensch in einer Art Hundekostüm, der Kopfhörer trägt und ein Raumschiff fliegen soll. Irgendetwas stimmt doch hier verdammt nochmal nicht! Ich habe es von der ersten bis zur letzten Sekunde genossen. Denn ich habe diese Art von Filmen schon als Kind geliebt.
Mit welchen Filmen sind Sie sozialisiert worden?
Ich war von Ray Harryhausens Filmen begeistert, „Kampf der Titanen“, „Sindbads gefährliche Abenteuer“ und solche Sachen. Und dann hatte ich im Fernsehen „King Kong“ gesehen, die Originalversion. Und ich war so bei der Sache, diese tragische Geschichte hat mir förmlich das Herz gebrochen. Der Film wurde eine Woche lang jeden Nachmittag um 17 Uhr wiederholt. Ich habe ihn mir immer wieder angesehen und war am Ende jedes Mal dermaßen traumatisiert. Irgendwann sagte meine Mutter zu mir: „Hör auf, dir diesen Film anzusehen! Oder schalte ihn aus, bevor er nach New York gebracht wird, wenn dir das Ende nicht gefällt!“
Was ist Ihnen denn da so unter die Haut gegangen?
Dass alle so gemein zu ihm waren, nur weil er so groß war und all diese Sachen. Ich war jedes Mal in Tränen aufgelöst. Und trotzdem habe ich es geliebt. Ich habe diese Comics gelesen, mir aus einem Bausatz meine eigene Frankenstein-Figur gebastelt. Und plötzlich war ich Teil dieses Universums! In manchen Szenen fühlte ich mich tatsächlich wie Fay Wray in „King Kong“, denn ich durfte auch in der gigantischen Hand eines Monsters sitzen. Ich war ja selbst ein Fan. Irgendwann waren unsere Gesichter auf der Rückseite eines Cornflakes-Paketes abgebildet. Man konnte die ausschneiden und als Maske tragen. Damit bin ich völlig begeistert zu Harrison gerannt, den das erwartungsgemäß völlig kalt ließ. Er murmelte nur: „Komm mal wieder runter.“
Wie haben Sie die Reunion mit Ihren alten Weggefährten erlebt?
Sie wissen ja, wie das ist. Über die Jahre verliert man sich aus den Augen, obwohl man sich nach dem Ende der Dreharbeiten ewige Freundschaft schwört. Dann kommt das Leben dazwischen, man heiratet, bekommt Kinder, zieht nach New York. Es war wunderschön. Denn ehrlich gesagt, hatten wir alle nicht damit gerechnet. Es ist schön, wenn man so ein Vertrauensverhältnis zu Kollegen hat, wie ich es mit Carrie Fisher hatte. Und da hatte sich in all den Jahren nichts verändert, außer dass unsere Haare grauer wurden und unser Hüftumfang mit den Jahren etwas zunahm. Sie hat mir vertraut. Carrie kam immer so zynisch rüber. Aber ich glaube, sie hat nur versucht, damit ihre Verletzlichkeit zu überspielen. Es ist ein Jammer, dass sie gestorben ist. Sie sollte jetzt hier mit uns sitzen.