Jahrelang ging es nicht. Wer deutsch sang, machte sich lächerlich. Deutsche Rockbands wollten ihre Herkunft verheimlichen, aus Angst, provinziell zu wirken. Nur Udo Lindenberg glaubt schon lange an deutsche Rocktexte. Für alle, die nach ihm kommen, ist es leichter. Von Udos Mut und Erfolg profitiert jetzt der 26jährige Marius Müller-Westernhagen, Rocksänger, Komponist und Schauspieler. Seine erste LP „Das erste Mal“ ist zum Glück keine Imitation des originellen und witzigen Lindenberg-Materials.
„Ich fühle mich nicht als Konkurrent“, sagt Marius. „Da ist ein weites Feld, das noch völlig unbeackert ist.“ Eigentlich wollte der schmächtige Marius (er sieht tatsächlich aus wie 16!) das Dichten jemand anderem überlassen. „Einige Leute haben meine Songs zur Probe betextet. Aber sie sagten nicht, was ich meine.“ So spitzte Marius den eigenen Griffel und stellte fest, daß „die Worte nur so aus mir herausbrachen. Es war alles seit Jahren fertig.“ Ohne Schnörkel, in entwaffnender Offenheit, berichtet Marius aus seinem Leben.
„Wenn jemand stirbt“ – das Lied über den Tod des Vaters. Hans Müller-Westernhagen war Schauspieler, Mitglied des berühmten Gründgens-Ensembles. „Ein ziemlicher Freak“, erinnert sich der antiautoritär erzogene Sohn. „Als ich keinen Bock mehr auf die Schule hatte, sagte mein Vater: „Dann laß es.“ Er ist viel zu früh gestorben. Ich bin bis heute nicht drüber weg.“ Zum Glück ist nicht alles so traurig, was Marius auf seiner LP bewegt. Seine ausgezeichneten Songs hat die Hamburger Studioband Lucifer’s Friend eingespielt, sensibel, musikalisch, locker. Ein großes Lob für Produzent Peter Hesslein: er hat den Plattenneuling wie einen Profi herausgebracht.
Hauptberuflich ist Marius bisher Schauspieler; ein gefragter und begabter dazu. Im April war er im Fernsehen neben dem bekannten Vadim Glowna in dem Film „Ein deutsches Attentat“ zu sehen. „Meinen ersten Film habe ich mit 14 gedreht. Ich wurde so ’ne Art Kinderstar. Schauspielerei und Musik – das sind die großen Leidenschaften meines Lebens. Da hast du das Gefühl, mit der Nasenspitze an den Himmel zu stoßen. Ich stehe meistens unter Hochspannung. Denn ich knie mich voll ‚rein. Ich will ganz nach oben kommen, aber ich habe andererseits Angst davor. Denn der Streß kann dich umbringen. Und der ganze Reklamerummel, der bereits jetzt um mich – als Musiker – veranstaltet wird, kann einen in die Isolation treiben.“ Entspannung und Seelenfrieden findet Marius bei seiner Freundin, der bekannten Schauspielerin Katrin Schaake (36). Dabei steht Marius erst am Anfang seiner Karriere. Jetzt wird er eine eigene Show bekommen. Nach Otto und Udo Lindenberg will Rolf Spinrads vom WDR der deutschen Fernsehgemeinde den Sänger mit dem langen Namen in einer Show vorstellen. Show-Erfahrung hat Marius bereits: Er schrieb Texte für das satirische ZDF-Magazin „Express“ und zeigte sich dort als Komiker.
