Wie dieser Instagram-Star es in die „Wendy“ schaffte – Malte Zierden im Gespräch
Auf Instagram fiebern über 260.000 Leute darauf hin, dass ein erwachsener Mann es in in die Pferdezeitschrift „Wendy“ schafft. Eigentlich aber macht er lieber Indie-Mukke unter dem Namen „float.“. Ein Gespräch mit Fynn Kliemanns Buddy und Ex-Hurricane-Dean-Gitarrist Malte Zierden.
Gibt es die Rechnung bei Dir: Ich mache ein paar Katzen- und Quatsch-Videos, die mir Reichweite bringen, um dann etwas Gutes zu tun?
Ich bin jemand, der an diese Karma-Philosophie glaubt. Ich glaube, wenn man viel Gutes tut, widerfährt einem selbst auch was Gutes. Bei mir passiert nur eher das Gegenteil (lacht). Das ist aber auch eine Kehrseite von diesem Instagram-Game, dass einem jeden Tag unfassbar viele Leute schreiben und fragen, ob ich dieses oder jenes unterstützen kann. Wenn du dem einem hilfst, sind die anderen sauer. Deswegen habe ich mir zum Ziel genommen, dass wenn ich Dinge unterstütze, ich auch vor Ort sein und selbst helfen möchte. Und man mich nicht nur als Reichweite begreift.
Man sieht tatsächlich selten „Influencer“ oder andere Leute mit großer Reichweite selbst vor Ort, es wird eher geteilt und geliked.
Es ist auch sehr wichtig, das zu tun, wenn man die Reichweite hat. Aber ich will nur noch mit anpacken. Nicht nur beim Tierheim, da werden noch andere Dinge kommen. Ich denke des Öfteren, dass ich Tiere lieber mag als Menschen, weil ich Menschen manchmal nicht verstehe. Das hat mich dazu gebracht was zu tun.
Wenn Du sagst, dass Du Menschen nicht verstehst, passt das auch zu den Zug-Gesprächen, die Du einfängst. Den Clips merkt man die Distanz an, die Du zu den Gesprächen hast.
Ich finde Menschen ganz häufig absurd. Was ich für Nachrichten bekomme! Teilweise gibt es kein Verständnis von Empathie. Manche Leute können schwer differenzieren, dass ich ein ganz normaler Mensch bin und oft überfordert bin, wenn sie mir sexy Nachrichten und weirde Voicemails senden. Ich bin genauso verletzlich wie alle anderen auch.
Gab es Momente, in denen Du dachtest: Jetzt muss mir wieder was passieren, damit ich posten kann?
Ich wurde ja ins kalte Wasser geschmissen und letztes Jahr ging der Hype los. Ganz am Anfang habe ich mich schon dabei erwischt, dass ich es brauchte, das was passiert. Da bin ich in diese Instagram-Falle getappt. Ich habe die Meinungen der Menschen sehr ernst genommen und geguckt was andere machen. Dann habe ich eine viermonatige Pause gemacht und seitdem mache ich nur noch worauf ich Lust habe. Wenn nichts passiert, passiert nichts. Leute schreiben mir: ‘Ey mach mal Norbert-Content.‘ Aber ich möchte das machen, wenn ich mich dazu bereit fühle. Wenn es mich selbst langweilt, mache ich es nicht.
„Ich habe bis zum jetzigen Zeitpunkt keinen Cent mit Instagram verdient.“ (Malte Zierden)
Du siehst Dich also nicht in einer Reihe mit El Hotzo und Ilona Hartmann, die mit witzigem Content auch Geld verdienen? El Hotzo durch den Bezahl-Service Patreon, Hartmann hat Twitter als Sprungbrett genutzt um ein Buch zu schreiben.
Ich habe bis zum jetzigen Zeitpunkt keinen Cent mit Instagram verdient. Das ist der Nachteil zu YouTube und Facebook. Als ich im Krankenhaus war, haben mir Leute Werbung geschickt, von irgendwelchen Zahnpflege-Produkten, die ihnen aufgrund meiner Storys (über die Gaumennahtspaltung) angezeigt wurden. Aber Leute wie ich, die Instagram bespielen, verdienen damit nichts. Es sei denn sie monetisieren sich und halten Produkte in die Kamera, aber da fühle ich mich momentan nicht wohl mit. Ich würde lügen, wenn ich sage, ich würde das niemals tun. Aber ich möchte mich nicht abhängig von dieser App machen.
Es gibt ja auch Influencer, die ihre beworbenen Produkte gezielt auswählen und nur Produkte auswählen, die sie selbst benutzen.
Wenn man sich damit wohl fühlt, ist das gut. Aber so möchte ich im Internet nicht sein. Die Personen, die Werbung für die Unternehmen machen, sind in der Kette auch ganz unten. Die kriegen zwar Geld, aber die Unternehmen profitieren so unfassbar. Es ist ein Austausch von Reichweite gegen Geld. Die Unternehmen verdienen sich dumm und dämlich.
Noch eine Schattenseite für Influencer: Man läuft immer Gefahr, einen Shitstorm zu ernten.
Du musst mit allem aufpassen, was du sagst oder postest. Du kannst nicht zu 100 Prozent du selbst sein. Das ist ein vergessener Nachteil bei Social Media: Jeder sagt dir seine Meinung. Als wir das Tierheim in Griechenland geplant haben, haben so viele gesagt: Was ist mit den deutschen Tieren? Wenn man sich auf diese ganzen Meinungen einlässt, verliert man den Blick fürs Wesentliche.
Was sind das für Menschen, die Dir Sprachnachrichten schicken?
Das machen so viele! Als wären wir Kumpels. Ich kenne diese Menschen nicht. Das ist lieb gemeint, aber eine Grenzüberschreitung. Leute denken, sie kennen einen, weil sie eine Minute von mir sehen.
Was viele nicht von Dir wissen: Du bist eigentlich Musiker und warst schon fünf Jahre auf Tour mit Deiner damaligen Band Hurricane Dean. Gibt es Pläne wieder als Musiker in Erscheinung zu treten?
Ja, die gibt es. Ich möchte eine EP mit meiner Musik aufnehmen. Aber ich bin ein großer Perfektionist und es ist viel dazwischen gekommen. Ich mache fast jeden Tag Musik und schreibe an meinem Songs. Ich möchte keine zeitlichen Versprechungen machen, aber es soll etwas kommen.
Das ist etwas, was Du bisher nicht geteilt hast. Warum?
Es gibt Sachen, die ich ganz wenig teile. Skaten und Musik, zum Beispiel. Das mache ich bisher nur für mich, es sei denn ich habe mal Lust einen Song zu zeigen. Wenn es so weit ist, werde ich es publik machen.
Durch Deine Follower*innen-Anzahl sind Dir ja vermutlich viele Hörer*innen gesichert.
Ich hoffe doch! Aber es ist wichtig, dass sie der Musik zuhören und nicht denken: „Den finde ich cool, jetzt muss ich das gut finden.“
Wie würdest Du Deinen Musikstil beschreiben?
Ich bin indie-geprägt und lofi-affin, mag HipHop-Beats und sample gerne. Ich nehme gerne Geräusche auf und bringe die in meinen Songs als Hintergrund ein. Einmal saß ich in der Uni und habe die Gesprächskulisse aufgenommen und sie für meine Musik verwendet. Ich singe nicht, ich versuche die Songs durch Samples spannend zu machen. Mein Künstlername ist „float.“
Erotik Toy Records alias Stadtmusikbande haben ja gerade ein „Crew-Sample-Album“ herausgebracht. Fynn Kliemann arbeitet auch mit Samples und Loops. Wie findest Du sein Album?
Ich freue mich, dass es wieder mehr davon gibt in der Musik. Ich hatte hohe Erwartungen an das Album von Fynn, auf dem ersten Album waren schon ein paar Kracher drauf. Ich fand die Weiterentwicklung krass, das neue Album ist von vorne bis hinten ein komplettes Brett.
Kannst Du Dir vorstellen, mal Musik mit Fynn Kliemann aufzunehmen?
Ich würde das unfassbar gerne machen, aber ich traue mich nicht.
Warum nicht?
Ich habe richtig Respekt vor Fynn, weil der die Dinge anpackt und einfach macht. Ich glaube, wir haben die gleichen Voraussetzungen, wir sind beide keine Musiktheoretiker. Ich weiß nicht unbedingt wie man das nennt, was ich da mache und wie der Akkord heißt. Aber er macht in fünf Minuten das, wofür ich fünf Tage brauche. Ich hätte Angst, bei seinem Workflow nicht hinterherzukommen. (lacht)
Das geht wahrscheinlich allen Menschen so, die mit Fynn Kliemann arbeiten.
Ich kann hier nur für mich reden. Deshalb kann ich es nicht beantworten. Aber ich möchte erstmal erste eigene Schritte machen, hinfallen und wieder aufstehen. Ich habe Fynn und Brian diese Reichweite zu verdanken. Dafür kann ich schon dankbar genug sein.
Würdest Du auch auf Tour gehen?
Ja, das kann ich mir vorstellen. Ich habe viel Angst und Respekt davor, da ich dann abliefern muss.
Die Fake-Tour mit Norbert führte ja bereits zu Anfragen bei den Veranstaltern, die Du nur aus Jux genannt hattest. Vielleicht denken Leute, es wäre ein Scherz, wenn Du wirklich eine Tour ankündigst.
https://www.instagram.com/p/B4kuvVlinXZ/
Da habe ich Angst vor. Ich habe den Instagram-Stempel weg. Wenn du YouTube oder Instagram machst und dann Musik rausbringst, wird du von den ‚richtigen‘ Künstlern nicht mehr so ernst genommen. Da habe ich sehr viel Respekt vor, aber ich möchte mich davon nicht unterkriegen lassen.