Reportage

Mach doch mal den Kopp aus!


Zum 20. Geburtstag ziehen wir mit den Punkrockern durch ihr Berlin. Unsere Titelgeschichte aus der November-Ausgabe des Musikexpress, jetzt in voller Länge online.

Heute Abend in Dresden werden sich solche Fragen nicht stellen. Selten war den Beatsteaks klarer, warum sie irgendwo spielen. Auf der langen Heimfahrt vom Konzert im „Koko“ in London Ende August kam ihnen die Idee dazu: Sie müssten als Band auch etwas tun, für Flüchtlinge und für Menschen, die Flüchtlingen helfen. In Rekordzeit organisierten sie dieses Benefizkonzert, das trotz der Kurzfristigkeit sogar noch vom bald ausverkauften „Alten Schlachthof“ ins größere „Eventwerk“ verlegt wurde. Mehr Menschen, mehr Spenden: etwa 3 500 Gäste werden es am Ende sein. Von der Organisation Pro Asyl hat sich die Band zwei Projekte nennen lassen, bei denen das Geld gut angelegt sei: „Dresden für alle“ und der „Sächsische Flüchtlingsrat“. Und nicht nur die Musiker, auch ihre Livecrew wie alle Helfer vor Ort haben sich bereit erklärt, ohne Bezahlung zu arbeiten. Das alles passiert ohne große Verlautbarungen durch die Band, es passiert einfach.

Die Beatsteaks spielen in Dresden ihr längstes Konzert ever
Fühlt ihr euch in der aktuellen politischen Situation nicht auch herausgefordert, irgendwelche Statements abzugeben?

Arnim Balboa backstage
Arnim Balboa backstage (Foto: Jörg Brüggemann)

BERND: Na ja, es sagen ja gerade so viele Leute so viel Mist auch. Es geht darum, den Leuten vor Ort zu helfen. Daran orientieren wir uns bei den meisten Sachen, die wir so unterstützen. Wo wir politisch stehen, weiß glaube ich fast jeder. Aber wir tragen das nicht vor uns her. Wir haben uns irgendwann mal gesagt, wir machen Musik, damit die Leute zwei Stunden lang einfach mal den Kopp ausschalten können.

PETER: Am Anfang haben wir uns sogar mit Händen und Füßen gegen jegliche Art von sozialer oder politischer Verantwortung gewehrt. Wir waren wohl auch einfach unsicher. Aber mittlerweile sind wir in einem Alter, wo es uns egal ist, wie das andere finden.

Und Dresden habt ihr für das Konzert ausgewählt …

PETER: … um hier ein Zeichen zu setzen und auch den Dresdnern die Möglichkeit zu geben, zu zeigen, dass die Guten hier mehr sind als die Idioten – aber leider sind die die Lauteren gerade.

Das Konzert im „Eventwerk“ wird schließlich als ein Höhepunkt in die Geschichte der Beatsteaks eingehen. Weil hier das perfekte Paar aufeinandertrifft: Auf der einen Seite ein Publikum, das zeigen will, wer tatsächlich die Lauteren in Dresden sind, und das die Band für ihre Geste mit Dankbarkeit überschüttet. Auf der anderen die „Beatbouletten“, die sich selbst mit einer spontanen Verlängerung ihres Konzerte-Sommers beschenkt haben und sich noch mal richtig austoben wollen.

Jörg Brüggemann