Reportage

Mach doch mal den Kopp aus!


Zum 20. Geburtstag ziehen wir mit den Punkrockern durch ihr Berlin. Unsere Titelgeschichte aus der November-Ausgabe des Musikexpress, jetzt in voller Länge online.

Rundherum wird alles immer noch größer, dreht sich schneller und schneller, ein bisschen befremdlich ist das schon, aber die wichtigsten Konstanten und Orientierungspunkte bleiben bestehen – und deshalb will man auch nix anderes haben. So ähnlich könnte man auch die bisherige Karriere der Beatsteaks beschreiben, für die bis jetzt deshalb alles so super lief, wohl gerade weil es anfangs nicht so lief, und dann einige Zeit ziemlich zäh, und erst später richtig gut – und das alles eben in einem Tempo, das einem nicht den Verstand raubt.

,Det mit dem Müllmann, det vergisste jetzt ma‘! Du wirst nicht bei der BSR arbeiten, du bist ein Gitarrist!‘ (Arnim zu Peter, irgendwann in den Neunzigern)

Die Beatsteaks spielen in Dresden ihr längstes Konzert ever
Da gab es Mitte der Neunziger diese Feierabendband, die sich dienstags und donnerstags um 17 Uhr in Mitte trifft, um Musik zu machen. Ohne Gesang, weil keiner singen will. Auch Arnim nicht, der will Gitarre spielen. Mag dieses Berlin der 90er-Jahre noch so aufregend sein, der Alltag dieser Jungs ist es nicht: „Ich wollte immer nur in diesem Proberaum sein und Musik machen“, erinnert Arnim sich. Fragt man heute allerdings danach, wer damals die treibende Kraft war, die die Beatsteaks aus ihrem Hobby-Modus reißen wollte, antwortet Schlagzeuger Thomas: „Du“ – und fixiert Arnim. Der kann sich zumindest an folgendes Gespräch erinnern: „Ich habe Peter irgendwann gesagt: ,Det mit dem Müllmann, det vergisste jetzt ma‘! Du wirst nicht bei der BSR arbeiten, du bist ein Gitarrist!‘ Und er: ,Aber weißt du, was das heißt, wenn du sagst, du bist Musiker?!‘ – ,Ja, ich weeß, ich bin ja auch noch keener, aber wir werden welche werden!‘“

So viel zum Gründungsmythos. Skandale haben die Beatsteaks keine, Drogengeschichten auch nicht. Die haben ihre Jugend nicht verschwendet, sondern gearbeitet oder wenigstens fleißig gejobbt, und abends Musik gemacht und sind tanzen gegangen. Und auf Konzerte, ganz viele Konzerte. Aber Geschichten wie die von Peters Erleuchtung haben die Beatsteaks so einige zu erzählen. Zum Beispiel die, wie Ali, ihr ehemaliger Bassist, seinen Ausstieg verkündete und sprach: „Ich kann da nicht mehr mit, aber ihr müsst mir einen Gefallen tun: Ihr müsst weitermachen!“ Mal ehrlich, wer sieht da keinen keuchenden Helden vor sich im lichten Kakteenfeld liegen, in den Armen seiner Blutsbrüder verblutend?