M. Walking On The Water
Vergeßt die Pogues! Vergeßt Johann Strauß! Vergeßt all Eure Klischees und Vorurteile. Wir haben M. Walking On The Water. Und dürfen freudig jodeln und grunzen.
Denn der Herr sprach: „Sehet und höret, ihr Ungläubigen. Seid getrost und fürchtet euch nicht. Denn denen, die über das Wasser wandeln, sollt ihr folgen. Bis in alle Ewigkeit.“
Eingerahmt von einer putzigen Kette aus 39 warmleuchtenden Glühbirnen, gekleidet im unschuldig weißen Bühnen-Outfit und ins rechte Licht gerückt von einer bemerkenswert einfachen, aber effektiven Lightshow, ließen die vier M.’s knappe drei Stunden lang Wasser zu Wein werden. Und Gerstensaft zu Schweißbächen. Das Krefelder Quartett zelebrierte in Dortmund bestes Bühnen-Entertainment – eine wilde, verwegene Party inklusive.
Ob mit rauhen, punkigen Speed-Folk-Songs, mit wunderschönen, ruhigen Balladen oder skurrilen Walzer-Versionen – die Band bewegte sich musikalisch auf ungeheuer hohem Niveau. Die Musiker sind perfekt aufeinander eingespielt, in blindem Vertrauen mischten sie ganz selbstverständlich und verschmitzt einer draufgängerhaft verzerrten Gitarre klassische Elemente wie den gestrichenen Kontrabaß mit fettem Vibrato unter. Der Stil dieser Combo lehnt sich nirgendwo an, er ist einzigartig. Schon allein wegen der ungewöhnlichen Instrumentierung mit einer exzessiv eingesetzten Ziehharmonika und dem virtuos gespielten Kontrabaß.
In der vollgepackten Live Station bewiesen M. Walking On The Water, daß sie auch ein Gespür für die geschickte Dramaturgie ihres Auftritts haben. Da war alles durchdacht und überlegt, wirkte aber dennoch stets spontan, knackig und individuell. Man merkte dem Quartett den Spaß an der Sache an. Und es gab keine Barriere zwischen Publikum und Bühne. Man war sich nicht nur räumlich nah. Kommunikation bedeutete mehr als bloß ein Schlagwort. Die Band reagierte auf Zurufe aus dem Publikum, das Publikum kannte sich wiederum bestens im Repertoire aus, begrüßte nahezu jeden Song euphorisch und machte aus den Highlights wahre Tanzfeste. Die Stimmung stieg proportional zur Temperatur heftigst. Den Anfang machten M. Walking On The Water mit dem Titelstück des neuen Albums PLUTO. Es folgte ein Reigen alter und neuer Songs, der nichts zu wünschen übrig ließ. Ob „Flowers Of The Gone“, „Holy Night Of Rosemarie“ oder „Party In The Cemetery“ – nichts verkam zu bloßem, bierseligen Grölgeschrammel, nichts zu lahmem, intellektuellem Elfenbein-Gesäusel. Die M.’s gaben einerseits gehörig Gas, wenn nötig, und stichelten andererseits ab und zu ausreichend avantgardistisch. Das hatte Linie, Stil und Klasse.
Erst im Konzert erkennt man, wie exzellent das Songwriting und die Arrangementkünste dieser Band sind. Fast jeder Song hat Wiedererkennungswert, geht unweigerlich ins Ohr und offenbart im Bühnenkleid ganz neue Seiten. Und die Walzer, zu denen zum Ende des grandiosen Konzertes die ganze Halle schunkelte, würden selbst den Wiener Walzerkönig Johann Strauß erblassen lassen. Vor purem Neid.