Livebericht: Kevin Devine & The Goddamn Band
Einsamer Cowboy und wütend-verzweifelter Schreihals. So erlebte unser MEporter das Konzert von Kevin Devine & The Goddamn Band in Freiburg.
Die Finanz- und Wirtschaftskrise mag für so manche Menschen eine massive Veränderung des Lebensgefühls bedeutet haben. Für andere wiederum stellte sie wohl lediglich einen in privatem Rahmen sehr gewöhnlichen, weil lebenslang andauernden Zustand dar, welcher sich nun im öffentlichen Leben – mehr oder weniger plötzlich – höchst präsent zeigte. Ob dies ein gutes Intro für einen Konzertbericht ist, sei alleine in des Lesers freien Gedankenraum gestellt. Doch trägt weder die einleitende Bemerkung, noch eine möglicherweise aufgrund dieser Themenanschneidung aufsprießende Frage, ob denn auch der Autor mit solchen Sorgen zu kämpfen habe, zur Sache bei.
Wohl aber erwähnenswert ist sicher die Begebenheit, dass der Genuss von Konzerten gelegentlich durch den Zustand körperlicher wie geistiger Wachheit des Besuchers beeinträchtigt sein kann. Um genau diesen Zustand war es nämlich bei meinem Eintreffen im Keller des weißen Hasen nicht eben vortrefflich bestellt – quasi bedingt durch aus finanzwirtschaftlichen Gründen alltäglich zu vollbringenden Anstrengungen … So konnte mich der sicher nicht schlechte, für meine Begriffe aber – vom letzten Stück abgesehen – leider wenig abwechslungsreiche Krist Krueger alias Southerly, welcher den Warm-up-Guy gab, nicht immer vom Wahrnehmen meiner eigenen Müdigkeit abhalten. Trotzdem schaffte er es, mit seinen ruhigen Stücken einen Platz im Plusbereich meiner Erinnerung zu erklimmen. Nach Ende seines Sets und weiteren knapp zehn Minuten Pause, zeigte sich die Zeit reif für den Herrn aus New York, von welchem mir vor einigen Jahren mal eine CD-Single in die Hände gefallen war, der sich dann aber bis eben zu diesem Konzerttermin aus mir unergründlichen Ursachen meinem Dunstkreis entzogen hatte.
An der elektrischen Gitarre stand nun also Kevin Devine, umgeben von The Goddamn Band, bestehend aus dem Bassmann zur Rechten, dem Drummer als Rückgrat und zur Linken einem Keyboard-Laptop-Percussion-Spieler. Ohne Vorrede starteten die vier das Set mit einem ruhig beginnenden, später dann schön rockenden Stück. Schon bald war abzusehen, dass hier ein Songwriter am Werk ist, dessen Stücke nur bedingt in dieser Genre-Schublade abgelegt werden können. Zu deutlich waren dafür die musikalischen Bezüge zu frühem Grunge und so genanntem Emo-Rock hörbar, bis hin zu naher Verwandschaft noisiger Attacken, wie man sie z. B. von Sonic Youth kennt. Gelegentlich erinnerte mich das Gitarrenspiel gar an einen gewissen Herrn Young (nein, nicht der aus Down Under…) Nun möchte ich hier aber nicht schlau Namen fallen lassen, noch dem Performenden, der grade bei instrumentalen Passagen gerne in Bewegung war und beim Bearbeiten der sechs Saiten die produzierten Töne physisch mitzuleben schien, irgendwelche nachahmende Absichten unterstellen – keineswegs. Es klang einfach so, und es war gut so!!
Im Vordergrund stand jedoch die Stimme Herrn Devines, dessen Gesang ebenfalls mit beachtlicher Bandbreite aufwarten konnte. Während die Stimme unverkennbar nach versöhnlich-gebrochener Melancholie klang, wanderte der Gesang von der Attitüde des einsamen Cowboys mit selbstverständlich schwer beschädigtem Herzen manchmal fast nahtlos hinüber zum wütend-verzweifelten Schreihals, der unbedingt seiner schmerzenden Seele Luft zu verschaffen hat. Dabei waren es bei weitem nicht nur Herzensangelegenheiten, die der Sänger textlich kund tat. Auch hier erschienen mir die Themen – soweit ich folgen konnte – recht breit gefächert. Daneben schaffte es der angenehm ungekünstelt auftretende Künstler, exakt in den wenigen Momenten, als sich ganz leichte Gefahr des Dahinplätscherns einschlich – dies sicherlich auch meinerseits durch Müdigkeit der Knochen zu fortgeschrittener Abendstunde bedingt – diesem drohenden Unheil Einhalt zu gebieten. Just in diesem Momenten passierte von der Bühne her immer irgend etwas Aufmerksamkeit einforderndes. Mal war es die Vorstellung der Bänd, mal kurze Konversation mit dem Publikum, oder einfach ein entsprechend eindrücklich dargebotenes Stück Musik. So zum Beispiel die per Oralsound präsentierte, auf vorzügliche Weise gelungene, elektronische Drumbeats imitierende Rhythmuseinlage des Keyboarders.
Den Höhepunkt fand das reguläre Set, während welchem Kevin Devine auch zwei Songs alleine mit akustischer Gitarre spielte, mit dem Titelstück des aktuellen Albums „Brother´s Blood“. Auf diese zirka 80 sehr guten Minuten folgten etwa 20 Minuten nicht weniger attraktiver Nachschlag. Die drei letzten Stücke gebührten dem Herrn am Mikro denn wieder alleine. Hier konnte mir zum einen die schöne Version von Grandaddy´s „Now It´s On“ ausgezeichnet gefallen, daneben durfte der sympathische Mann die ungebrochene Aufmerksamkeit der ungefähr achtzig Anwesenden genießen. Ja, es war tatsächlich mucksmäuschenstill!! Ein leider eher seltener Zustand auf solchen Veranstaltungen, weshalb der New Yorker – der übrigens mehrfach und glaubhaft betonte, wie „fucking great“ er es in diesem hübschen Gewölbe fände – sich dies extra dick in seine Memoiren schreiben darf. Wirklich sehr schön, dies!! Kurz nach Mitternacht war das mit einigen sehr intensiven Momenten gespickte, sowie insgesamt ausgesprochen gelungene Ereignis zu Ende. Verdammt müde, doch nicht weniger zufrieden trat ich die Heimreise an, im Gepäck eine Doppel-LP in farbigem Vinyl, welche als Beilage außerdem das komplette Album auf CD enthält und mir heute schon den ganzen Tag versüßen konnte …