Little Joy, im Gebäde 9. Köln
Da hätte der Mann mal die Chance, im Mittelpunkt zu stehen. Und was macht er? Tummelt sich am linken Bühnenrand. Gitarre spielt er, und auch mit diesem Instrument und ohne die Strokes sieht FabrizioMoretti aus wie aus dem Rock’n’Roll-Handbuch bestellt: ein Schönling, aber nicht zu schön; verwegen, aber nicht zu verwegen; das leicht Nachlässige ist perfekt antrainiert. Inmitten seiner Zwischendurch- und Zeitvertreib-Band macht Moretti vor allem eins: Er hält sich zurück, spielt mannschaftsdienlich und ist einer von vielen. Mitunter einer von sehr vielen. Irgendwann stehen bis zu zehn musizierende Menschen auf der Bühne, man weiß nicht so genau, wer das alles ist – der Busfahrer, der Tourmanager, Roadies? Klar ist aber: Alles und jeder fügt sich harmonisch ins Ganze. Entspannt, unangestrengt klingen Little Joy, wenn sie durch Folkpop-Gewässer schippern, auf denen – zwischen swingenden Latin-Rhythmen, Reggae-Beats und dem Gedanken an die letzte Strandbarnacht – der nächste Sonnenuntergang immer der beste ist. Wohlig und warm ist das, bisweilen auch aufs Angenehmste einlullend, und manches wirkt beiläufig bis gekonnt egal. Wahrend draußen die kalte Januarnacht noch einmal ausführlich Winter spielt, hat das Geschehen drinnen die schöne Anmutung einer kleinen Taschenofenmusik.Rodrigo Amarante, gebürtiger Brasilianer und im Erstjob Sänger und Gitarrist von Los Hermanos, hat, überwiegend Englisch singend, den grundsympathischen Laden freundlich im Griff. Morettis Freundin Binki Shapiro hält sowohl gesanglich als auch optisch all das, was ihr Name verspricht: süß sieht sie aus, aber nicht niedlich; zart singt sie, aber nicht verzärtelt – und zwischendurch süffelt sie zwei Biere weg. „Don’t Watch Me Dancing“ klingt leise, aber nachdrücklich, und bei „Walktng Back To Happiness“, einer Coverversion jenes Songs, von dessen Interpretin Helen Shapiro sich Morettis Herzdame wohl einen Teil ihres Bühnennamens geborgt hat, sprudeln Little Joy schier über vor lauter Spielfreude. Zum Schluss wird’s dann gar noch rustikal: Die Songs des Debütalbums sind gespielt, und so hauen Fabrizio Moretti und die anderen acht, neun oder zehn noch eine Honky-Tonk-Nummer raus. Spätestens da ist klar, was es bedeutet, Little Joy live zu sehen und zu hören: großen Spaß zu haben.
Albumkritik ME 12/08
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