Laute Musik macht den Alk süßer! Wie bitte?
Wissenschaftler wissen jetzt endlich, warum sie so viel trinken. Josef Winkler sagt schon mal prost!
Haben Sie’s gelesen? Englische Wissenschaftler haben herausgefunden, dass Leute mehr saufen, wenn die Musik laut ist. Gut, das ist jetzt etwas verkürzt dargestellt, aber nicht sehr verkürzt. Ich stell’s mal verlängert dar: Dr. Lorenzo Stafford, Psychologe an der Universität von Portsmouth, hat in einer Kleinstudie hergeleitet, dass Leute schneller und mehr Alkohol zu trinken geneigt sind, wenn laute Musik dazu spielt. Jetzt sagen Sie: „Ja freilich, das weiß ich doch, ich mach ja selber auch immer so Kleinststudien“, aber Sie wissen gar nichts, sie ahnen es vielleicht höchstens! Sie wissen zum Beispiel nicht, warum GENAU Sie dann mehr und schneller trinken. Der Dr. Stafford schon: Zum einen, weil Sie von dem Getöse und den eventuell damit einhergehenden Beschwerlichkeiten – Unterhaltungen werden schwieriger, vielleicht muss man gar umeinandertanzen, solche Sachen – so in Beschlag genommen und abgelenkt sind, dass Sie gar nicht mehr kapieren, das wievielte Kaltgetränk Sie sich da jetzt bereits hinter die Binde kippen, weil Sie vor lauter Lärm gar nicht zu sich durchdringen und darum quasi völlig orientierungslos immer weitersaugen.
Zum anderen aber – und das ist das bemerkenswerteste Ergebnis der Studie, so bemerkenswert, dass man sagen möchte: Hä? -, zum anderen also, weil laute Musik alkoholische Getränke süßer schmecken lässt. Eben: Hä? Je lauter die Musik ist, sagt Dr. Stafford, desto süßer schmeckt der Alkohol und desto enthemmter und kritikloser wird daran genuckelt. Weil, sagt Dr. Stafford, der Mensch nun mal eine angeborene Präferenz für Süßes hat.
Ob man dazu jetzt Synästhetiker sein oder aber weiterführende Säuren zuführen muss, damit die lauten Töne süß schmecken, steht in den Meldungen nicht drin, und auch über die neuronalen oder psychologischen Gründe und Zusammenhänge der Versüßung durch Lautstärke schweigen sich die mir zugänglichen Quellen aus. Jetzt greifen Sie das Studienergebnis an und sagen: „Guter Mann, ein süßes Pils kannst Du fei selber saufen, wurscht wie laut die Musik ist.“ Aber wer weiß, wie viele Pilstrinker an der Studie teilgenommen haben. Und eine hübsche Vorstellung ist es allemal, dass es auf den Rockfestivals und den Hallenpartys vor allem deswegen immer so zugeht, weil das alles kleine Zuckerschleckermäulchen sind.
Und es ist ja ein direkter Teufelskreis, der sich da auftut. In eigenen Langzeit-Mikro-Feldforschungen über die letzten zwei Jahrzehnte habe ich nämlich festgestellt – das heißt: ich glaub halt mich zu erinnern, dass es oft irgendwie so gelaufen ist -, dass Menschen darüber hinaus dazu neigen, die Musik lauter zu machen, je besoffener sie sind. Und immer noch lauter wird aufgedreht, immer noch süßer schmeckt das Bier, und weil süßes Bier so grausig ist, trinkt man noch einen Schnaps hinterher, und immer noch größer wird der Rausch, woraufhin man die Musik noch ein bisschen lauter dreht …
Dr. Stafford sagt jedenfalls, die Studie solle nicht nur Leuten zu denken geben, die in lauten Umgebungen Alkohol trinken, was eventuellen übermäßigen Konsum angeht, sondern auch Clubbesitzern, Bars und der Getränkeindustrie. Nun: Die werden halt in Zukunft die Musik lauter machen.
Apropos. Gerade ist ein Düsenjet durch mein Wohnzimmer gerauscht. Eben saßen wir noch da, versunken über unseren Rechenmaschinen, und ich dachte, da nun der Feierabend naht, könnte man etwas Musik einspielen – kostet mich einen Klick in iTunes … Und weil das Baby in der Zwischenzeit unbemerkt an der Stereoanlage gespielt und den Volumeregler auf 11 gedreht hat, kleben wir jetzt mit asymmetrischen Föhnfrisuren an der Regalwand. Man möchte ja nicht glauben, wie laut auch Bon Iver sein kann, wenn man ihn richtig, richtig aufreißt. Ich muss mir jetzt eine Halbe aufmachen.