Lange nichts gehört von… Iva Davies (Icehouse)


Iva Davies war Frontmann der Synthie-Rock-Band Icehouse. Und heute? Wir haben nachgefragt.

Wer in Avalon, nördlich von Sydney, wohnt, hat es geschafft: Die Stadt am Whale Beach gilt als Enklave der Reichen und Berühmten. Wie Iva Davies, der in den 80ern als Frontmann der Synthie-Rock-Band Icehouse sowohl das erfolgreichste australische Album aller Zeiten, MAN OF COLOURS, als auch den Megaflop BIG WHEEL abgeliefert hatte. Heute ist der braungebrannte, wasserstoffblonde 60-Jährige begeisterter Golfer, der nur gelegentlich auftritt.

ME: Wann warst du zuletzt in Deutschland?

Ende der 80er. Leider sind wir nie zurückgekehrt, weil unser Fokus danach auf dem amerikanischen Markt lag.

PRIMITIVE MAN, SIDEWALK und MEASURE FOR MEASURE waren hierzulande durchaus erfolgreich – wie kann man das über Bord werfen?

Das war ein Fehler. Aber wir hatten einen Manager, der besessen davon war, die USA zu erobern. Das war der Typ, der auch Savage Garden betreute. Und wir hatten dann auch zwei Top-20-Hits – aber zu einem hohen Preis, weil wir alles andere vernachlässigten.

Stimmt es, dass du einen Bodyguard gebraucht hast, um dich vor hysterischen Teenagern zu schützen?

Als „Hey Little Girl“ ein Hit war und Icehouse von David Bowie eingeladen wurden, ihn auf der „Serious Moonlight“-Tour zu begleiten, konnte ich mich kaum in der Öffentlichkeit bewegen. Das wurde mir bewusst, als Bowie, Guy Pratt und ich einen Club in Rotterdam besuchten. Der Laden war völlig leer, doch binnen weniger Minuten standen so viele Leute um uns herum, dass wir Angst bekamen und raus wollten. Das ging nur, indem wir über die Köpfe der Anwesenden hinweg zum Ausgang getragen wurden. In Australien wurde es 1987, zu Zeiten von MAN OF COLOURS, noch schlimmer – da brauchte ich rund um die Uhr Personenschutz.

Was ist dran an dem Gerücht, dass du Stress mit Putz-Attacken kompensiert hast? 

Das stimmt. Obwohl: In erster Linie hat es damit zu tun, dass ich es nicht ertragen kann, in einem dreckigen Studio zu arbeiten. Das macht mich irre. Da gibt es diese lustige Geschichte, wie wir MEASURE FOR MEASURE mit Rhett Davies aufgenommen haben, der die frühen Roxy-Music-Sachen betreut hat. Er arbeitete in einem kleinen Studio in einem Hinterhof in Chelsea. Als wir da 1985 aufschlugen, war das ein Saustall, in dem sich Papierkram, verstaubtes Equipment und Müll türmten. Nachdem Rhett mir den Schlüssel übergeben hat, habe ich einen Tag geputzt.

Mitte der 90er hast du die Band auf Eis gelegt. Warum?

Weil ich binnen sechs Jahren das erfolgreichste australische Album und den größten Flop überhaupt veröffentlicht habe: BIG WHEEL von 1993. Die Reaktion darauf war ein Schlag ins Gesicht. Mein Publikum wollte nicht, dass ich mich weiterentwickle. Da ich zu der Zeit Vater wurde, habe ich mich aus der Industrie zurückgezogen und mich auf meine Tochter konzentriert.

Seitdem verbringst du deine Tage damit, die Wale an der australischen Ostküste zu beobachten?

Das tue ich oft, es ist sehr beruhigend. Da ich 16 Jahre nonstop auf Tour oder im Studio war, habe ich immensen Nachholbedarf. 2010 bin ich bei einem Benefizkonzert für die Opfer der Buschbrände in Victoria aufgetreten – vor 40 000 Zuschauern. Das war toll. Seitdem spielen wir wieder sporadisch.

Hast du ein weiteres Album in dir?

Ich sitze seit den späten 90ern auf einem halbfertigen Album. Mein Manager drängt mich, es wieder in Angriff zu nehmen. Es ist nur so, dass es für eine Phase meines Lebens steht, die nicht so glücklich war und in einer Scheidung endete. Die will ich nicht aufleben lassen. Hinzu kommt: Wenn niemand mit einer Peitsche hinter mir steht, bin ich nicht besonders effizient. Ich kann nur unter Druck arbeiten, und das habe ich lange genug getan. Ich war Teil der Maschine. Als sie ins Stocken geriet, war der Druck weg und ich habe mir lieber Wale angeschaut.