Kurz & Live


Relaxed Muscle Berlin, Roter Salon: Auf der Bühne sind Relaxed Muscle zu fünft. Mit ihren Lederkutten und Matrosenmützen könnte man sie für die Village People halten, wenn da nicht der gute alte Jarvis Cockerwäre, der ja nun Darren Spooner genannt werden will. Er redet mit dem Publikum, wenngleich seine Stimme mit einem leicht verzerrten Effekt versehen ist. Die Band wirkt live weniger elektronisch als es bisherige Plattenaufnahmen vermuten ließen. Gleich zwei Gitarristen machen sich an die Arbeit, weshalb der Sound manchmal robust und laut wie bei Nine Inch Nails in die Glieder fährt. Auch der Glam-Rock-Beat der Siebziger und das Trommeln von Adam & The Ants sind auszumachen, was in der Summe angenehm dreckige Discomusik ergibt. Die Akustiknummer als Zugabe war nicht geplant. Aber man brauchte einen Zeitvertreib.weil im proppenvollen Salon erst ein Weg zum Backstage-Bereich freigelegt werden musste. Solche Tücken der Organisation muss man wohl in Kauf nehmen, wenn man nicht mehr der Popstar von Pulp sein will.

THOMAS WEILAND

The Sleepy Jackson London, Astoria: Man hatte sich auf einen Abend mit entrückter Musik aus dem fernen Australien eingerichtet. Doch dann das: Völlig von Sinnen hüpft Leader Luke Steele über das Parkett und fuchtelt mit der Gitarre herum, als sei sie eine Waffe. Der Mann hat sie nicht alle was ja bekanntlich eine gute Voraussetzung für großartige Musik ist. An der Klasse der Band gibt es nichts zu deuteln, und sie überrascht die Fans im ausverkauften Haus mit einem nicht für möglich gehaltenen Kontrastprogramm. Anstatt nur auf dem Feld der Psychedelia zu grasen, gehen The Sleepy Jackson live deutlich auf Konfrontationskurs, einige Nummern enden in Sonic-Youth-esquen Noise-Wällen. Dennoch bewahrt sich das Quartett auch seine liebliche Seite. Wenn alle vier bei“.Good Dancers“ gemeinsam zum Chorgesang ansetzen, muss selbst hartnäckigen Polarkreisbewohnern warm ums Herz werden, thomas weiland The Undertones London, Garage: „Die Undertones spielen in London!“ – „Echt? Ist Feargal Sharkeynoch dabei?“ Nein, ist er nicht. Paul McLoone heißt der neue Mann am Mikro der Band, die 1976 im nordirischen Derry aufbrach, um mit ihrem Pop-Punk und unvergesslichen Songs wie“.Teenage Kicks“ die Welt zu erobern. Vier allmählich in softere Gewässer driftende Alben später war dann Schluss – Sänger Sharkey stieg 1983 aus und landete zwei, drei Solo-Hits, die Brüder John und Damian O’Neill gründeten That Petrol Emotion. Schön und gut, aber abgeschlossen haben das Thema Undertones in all den Jahren weder Fans noch Band-Mitglieder. Eine Reunion, Sharkey hin oder her, war undenkbar und überfällig zugleich – und 2001 Fakt. Neue Songs entstanden (das Album get what vou need ist soeben erschienen), nun endlich die erste Tour seit Jahren. Zwischenstop in London also. Die „Garage“ platzt aus den Nähten und die Band fast vor Stolz. „lYeorebocfcrUndwie! Frisch, kraftvoll, Wahnsinn. Nostalgie? Aber gerne: Gespielt werden fast nur alte Songs, darunter Rares wie „There Goes Norman“ und“.Mars Bars“. McLoone gibt den Sharkey. ohne ihn zu imitieren, das Publikum feiert. Love it?

Love It!