Kraut!


Ich steh' auf Deutschrock! Der ME taucht tief in die Ursuppe der hiesigen Rockszene.

„Deutschrock-Boom“: Was heute ein saisonal wiederkehrendes Phänomen ist, bedeutet in den frühen 70ern die Urständ‘ einer hiesigen Rockszene. Der ME berichtet von Anfang an in der Rubrik „German Pop News“ (später „Deutsch Rock“). Can, Kraftwerk, Tangerine Dream und Guru Guru sind frühe Dauergäste im Heft, Hardrocker wie Karthago und Triumvirat, Softprogger wie Novalis und Nektar, die „kosmischen Bands“ von Labels wie Ohr und Brain – der Kraut-Gemüsegarten, wird beackert und mit Erwartungen befrachtet („Kraan: Die deutsche Supergroup?“); die ewige Großhoffnung Inga Rumpf beschäftigt den ME die Dekade hindurch. Zur „deutschen Supergruppe“ wachsen dann andere heran: Den seit 1971 unter Beobachtung stehenden Scorpions attestiert der ME Ende 1975, bei ihnen könne „von Kraut-Rock nicht mehr die Rede sein! Scorpions-Musik klingt perfekt nach England-Produktion“; der Teutonen-Mctal der 80er dämmen. Aber eins fehlt, ohne das ein Deutschpop-Boom heute undenkbar wäre: Kein Schwein singt Deutsch. Aus Scheu vor Schlagernähe und Uncoolness. Die Einführung von deutschen Texten in die Rockmusik erledigt – abgesehen von ein paar wenig kommerziellen Hausbesetzern aus Berlin – fast im Alleingang Udo Lindenberg, dessen Karriere vom Mucker zum flamboyanten Panik-Präsidenten im ME fast lückenlos dokumentiert ist. „Udo Lindenberg, am Erfahrung reicher Rock-Schlagzeuger, bastelt an emer neuen LP“, melden die „German Pop News“ im November 1972. „Nachdem seine erste Scheibe nicht den gewünschten Erfolg hatte, dürfte sich seine neueste zu emeyn Renner entwickeln. Arbeitstitel: , Keine Panik auf der Titanic.“ Der Rest ist Geschichte, der ME bleibt dran. Die nächste deutsche Welle kann kommen.