Klaus Lage


Daß er nur deutschen Sangeskünstlern auf den Zahn fühlen mußte, stürzte den aufrechten Rocker in arge Gewissensnöte: Kritik sei zwar legitim, doch „ans Bein pissen“ wolle er seinen mehr oder minder liebgewonnenen Kollegen nun auch wieder nicht. Gerechtigkeit muß sein: Klaus begutachtet die musikalische Lage der Nation.

Purple Schulz: „Blindenhund“

Purple Schulz! Erkenn‘ ich natürlich sofort, habe ja lange genug die Plattenfirma mit ihm geteilt. Seine Stimme hat in jedem Fall einen hohen Wiedererkennungswert. Aber auch ein netter Song. Throw That Beat In The Garbagecan: „Cool“ Kenn ich nicht, sagt mir nichts, interessiert mich auch nicht. Ist nicht völlig Banane, aber ich verstehe nicht, worum es dabei geht. Hat irgendwie keine eigene Struktur, keinen individuellen Charakter. Songs in der Art gibt es wie Sand am Meer, ob aus England oder Amerika.

The Slags: „So What“

Kenn ich auch nicht, hört sich an wie ein Übungsraum-Demo, was ja nicht automatisch negativ sein muß. Spielen können sie, aber das ist nicht unbedingt mein bevorzugtes Bier. The Slags? Hm, eine Frauenband, die ich sogar kenne. Nun gut, damit bekommt das Ganze eine andere Wertigkeit — auch wenn das einen als Kritiker nicht beeinflussen sollte. Das ist eben ihr Ding — nun sollen sie sehen, ob sie damit klarkommen.

Wiebke Schröder: „Hände weg von meiner Seele“

Wiebke Schröder. Eine schöne Stimme, gute Sängerin. An solchen Talenten mangelt es in Deutschland. Ganz okay, aber es könnte für meinen bescheidenen Geschmack ruhig eine Ecke rockiger sein. Nicht gleich so heftig wie die Slags, aber irgendwo dazwischen.

Hass: „Laßt die Glatzen platzen“

Wer ist das??? Von der textlichen Intention her in Ordnung, doch den Refrain finde ich nicht sonderlich geschickt. Bißchen platt, irgendwie. Die Wortwahl könnte Gegengewalt provozieren, viel zu plakativ. Auch musikalisch nicht allzu aufregend.

Pur: „Freunde“

Den Song kenne ich nicht, die Band hingegen schon: Pur, höchstwahrscheinlich live, oder? Der Sänger ist ein sympathischer Bursche, ich kann gut verstehen, daß sowas ankommt, vor allem bei Frauen. Ist nicht meine Musik, aber meine 15jährige Tochter steht unheimlich drauf. Seicht sind sie nicht, aber es macht mir auch keine Gänsehaut. Die Krupps: „The Power Of The Darkside“ Danke, nein. Seelenloses Computer-Gedudel. Eignet sich vielleicht dazu, die Lightshow in irgendeinem Tanzschuppen zu untermalen. Da kann ich gar nicht mit. Schöne Grüße von Atari.

Die Fantastischen vier: „Die da!?!“

Hab ich schon mal im Radio gehört. Deutscher Kap, ist eine ganz witzige Idee. Inhaltlich etwas belanglos, nette Unterhaltung eben. Die heißen doch „Die Wunderbaren Vier“ oder so? Nice and easy, macht nichts kaputt, reißt mich aber auch nicht vom Hocker. Da muß schon noch was nachkommen, sonst wird die Masche schnell langweilig. Aber man sollte den Stab ja nicht zu voreilig über die Jungs brechen. Nena: „Bongo Girl“ Soll das Weltmusik sein? Versteh überhaupt nichts! Ist das in deutsch gesungen? Worum geht’s? Die Stimme … das könnte Nena sein. Die kann ich mir als Bongo-Girl gar nicht vorstellen. Mal was anderes, aber auch nicht meine Wellenlänge. Sie versucht offensichtlich, den Erwartungen nicht zu entsprechen. Ich war nie ein Fan von Nenas Musik; daß sie jetzt wieder was macht, find ich trotzdem gut. Sehr nette Frau, übrigens.

Udo Lindenberg: „Panik Panther“

Könnte Udo sein. Klar, das ist typisch Udo, diese unnachahmliche Art. mit der Nase im Wind an den Themen der Zeit zu sein und das professionell umzusetzen. Die Nummer gefällt mir. geht gut ab. Udo bleibt sich selbst auf der Spur — unverwechselbar.

Klaus Lage: „Knisternde Spuren“

Ja. das kenn ich auch, die große Hymne des Back-Kataloges (lacht). Schwierig, sich selbst zu beurteilen. Was soll ich sagen … die Nummer ist suuuper! Das ist eine kleine Hommage an die LP, die sich langsam, aber sicher vom Markt verabschiedet. Bedauerlich, daß die schönen Plattencover alle flöten gehen und man die Texte demnächst nur noch mit der Lupe lesen kann. Mit Vinylplatten verbinde ich Erinnerungen. In zehn Jahren geht es den Kids mit ihren CDs vielleicht genauso.