Kinderkram!
Rockstars in Concert - Was im Vorfeld einer TV-Live-Show so geht. Hier lüftet der Moderator höchstselbst den Schleier
Zugegeben, es fühlt sich ja zunächst schon ein bisschen arg teigig an, wenn der Herr Moderator über seine eigene Veranstaltung schreibt. Aber keine Angst, es wird auf den folgenden Zeilen keine ravende Review geben, was für ein Spitzen-Konzert das war. Nein, es ist vielmehr eine kleine Nähkästchenplauderei.
Nun dann, die Sause mit dem hochtrabenden Titel „Rockstars In Concert“ (wobei das Ganze eher eine Hommage an „Rockpop In Concert“ sein sollte – das kennen die Älteren unter uns vielleicht noch) fand im Rahmen der auf die MTV Europe Music Awards hinführenden „Party Week“ statt. Frankfurt und Umgebung sollten gerockt werden, und so verschlug es unsere Helden von Jimmy Eat World, Unde Kracker, Muse und Bush ins Offenbacher Capitol. Groß gedreht werden sollte an diesem Abend, Interviews mit allen Bands, dazu eine Live-Übertragung der kompletten Show. Am Nachmittag vor Ort bereits emsiges Treiben, besonders hektisch: die Crew von Muse. Der Grund war ein nachvollziehbarer: Die komplette Backline der drei Buben war wegen eines Fährstreiks in Dover hängen geblieben, das Equipment musste deswegen in aller Eile aus ganz Deutschland zusammengeliehen werden. Und so kam’s, dass am Rande der Bühne ein Drumtechniker mit sorgenvoller Miene ein buntes Kinderschlagzeug zusammenschraubte. Doch Muse-Trommler Dominic Howard trug’s mit Fassung:
„Das Ding hau ich zusammen.“ Recht so.
Jimmy Eat World tanzten als erste in der MTV-Interviewkemenate an. Backstage-Räume strahlen ja stets so einen spröden Charme aus, Sitzgelegenheiten in ICE-Bistro-Optik hängt man dann aber flugs mit schwarzem Stoff ab. So fühlt sich der Gast wohl und bekommt wie auch nachher der Zuschauer keinen Augenkrebs. Jimmy Eat World rangen sich ein höfliches „nett, gemütlich“ ab und erzählten, wie sehr sie sich freuen würden, nach der abgesagten Tour zusammen mit Blink 182 nun doch Germany rocken zu können. Überaus freundliche junge Herren sind das, und mit „Bleed American“ haben sie ja auch mal locker eine der Gitarrenplatten des Jahres hingezaubert.
Nach ihnen schlurfte direkt der liebe Onkel Kracker herein. Unglaublich netter Typ, der DJ von Kid Rock, den das Publikum allerdings später mit lauten Pfiffen bedachte. Aber klar doch, sobald’s mal richtig ernst mit der Hitparade wird, steigt der Indierockfan aus. Der Schöpfer von „Follow Me“ nahm’s dennoch locker und schrammte die Anwesenden ordentlich zurecht. Sein Traum übrigens ist es, dass ihn irgendwann niemand mehr fragt, wen sein Chef gerade poppt, sondern dass man Kid Rock fragt, mit wem denn Uncle Kracker momentan speziell ist.
Muse-Sänger Matthew Bellamy flogen an diesem Abend so einige Mädchenherzen zu. Im Interview zeigte sich die Band erholt vom Backline-Schock, und freimütig wurde so nebenbei offen gelegt, dass Matthew fast nur Mädchenklamotten trägt, weil er selbst für ein Jungs-Small noch zu „tiny“ ist.
Bei Bush war es den meisten Mädels wohl egal, welche Klamotten Sänger Gavin Rossdale denn nun passen. Hauptsache, er zieht sie auf der Bühne aus. Das Kreischen war ohrenbetäubend, als sich der Lover von Gwen Stefani seines Shirts entledigte – obwohl er doch so was von vergeben ist. Im Gespräch erwies er sich als helles, charmantes Bürschchen und war damit weit von dem Ruf entfernt, der ihm immer noch voraus eilt (nicht so schlau, arrogant, Diva etc.).
Kurx noch zur Show: Gerockt haben sie natürlich alle. Jimmy Eat World trieben einem vor lauter Herzblut die Tränen in die Augen, Uncle Kracker hat sich dann doch noch einige Freunde erspielt, Muse waren so wahnsinnig und intensiv, dass man sich schon fast Sorgen um sie machen musste, und Bush haben ein Alternative-Gala-Rock-Konzert hingelegt, dass es eine Art hatte. War ein lauschiger Abend. Ohne Scheiß.
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