KENDRICK LAMAR


Irgendwo zwischen „good kid“ und „King Kendrick“. Dem neuen Potentaten der Westküste gerät sein Auftritt in Berlin leider nicht zum erhofften Triumphzug.

Den schönsten Moment des Abends gibt es gleich zu Beginn. Als Kendrick Lamar nach dem Opener an den Bühnenrand tritt, erhebt sich minutenlanger Jubel, der einen daran erinnert, dass das Wort „Hoffnungsträger“ mehr sein kann als nur eine quartalsweise aus der Schublade gezerrte Journalistenfloskel. Das „good kid“ selbst macht keinerlei Anstalten, sich im Überschwang zu sonnen. Klein und nahezu regungslos steht Lamar da und schaut mit leicht abwesendem Blick in die Menge. Dann setzt das triumphal-schwebende „Hol‘ Up“ ein: „I wrote this record while 30 000 feet in the air “ Es sieht ganz so aus, als würde Kendrick Lamar die auf ihn gesetzten Hoffnungen live ähnlich leichtfüßig ins Ziel bringen wie auf Platte.

Am Ende muss man dieses Urteil leider revidieren. Dass Lamar bei seinem Auftritt auf Pomp und Show völlig verzichtet, ist dabei das geringste Problem. Zwar haben ihm überlebensgroße Paten wie Snoop und Dre mit viel Trara die Krone der Westcoast aufgesetzt, aber Lamar ist eben kein kalifornischer Sonnenkönig, sondern ein ruhiger, bisweilen melancholischer Grübler. Selbst „Banger“ wie „m. A. A.d City“ oder „Backseat Freestyle“ sind im Grunde trotz der expliziten Sprache Reflexionen des großen Gangsta-Rap-Films.

Und so gibt es zwischen den Liedern lange persönliche Ansagen, Wasserflaschen werden fürsorglich an die ersten Reihen verteilt. Das ist sehr sympathisch, doch leider geht dabei oft der Drive verloren. Lamar schafft es nicht, seine Spannungsbögen live ähnlich meisterhaft und zwingend zu gestalten, wie er es auf dem Album getan hat. So können dann auch die fantastischen Hooks von „Money Trees“ und „Swimming Pools“ nicht ihr Potenzial entfalten.

Am schwersten aber fallen die Konstitutionsprobleme ins Gewicht: Lamar wirkt im Verlauf des Konzertes immer abgekämpfter. Gerade in den virtuosesten Passagen seiner Raps wird das schmerzhaft deutlich, zum Teil reicht es nur noch für einzelne Stichwörter, den Rest überlässt er Backing Track und Publikum. Der erhoffte Kinnladen-Moment bleibt so aus. Vielleicht sitzt die Krone beim nächsten Mal.

SETLIST

Westside, Right On Time Hol‘ Up Pussy and Patron A.D.H.D Tammy ’s Song Look Out For Detox Money Trees Backseat Freestyle Bitch, Don’t Kill My Vibe Poetic Justice Chapter Six The Recipe m.A.A.d city Swimming Pools (Drank)

Cartoons & Cereal