Kassetten-Erfinder Lou Ottens ist tot – Einblick in sein Lebenswerk
Damals Revolution, heute Retro: die Musikkassette. Ihr Erfinder Lou Ottens ist nun mit 94 Jahren verstorben – aber sein Lebenswerk wird uns nicht verlassen.
Lou Ottens, der Mann, der 1963 das Kassettenband erfand, ist tot. Der niederländische Ingenieur verstarb am 06. März 2021, wie der in Amsterdam ansässige Nachrichtensender NRC Handelsblad bestätigte. Ottens wurde 94 Jahre alt.
Ein wichtiges Jahr in der Musikgeschichte
Ottens arbeitete an der Audiokassette, als er in den frühen 1960er-Jahren zum Leiter der Entwicklung neuer Produkte bei Philips ernannt wurde, um die Herausforderung der riesigen Reel-to-Reel-Decks und die Tragbarkeit von Aufnahmen zu erleichtern. Jahrzehnte später entwickelte er auch die Compact Disc, kurz CD, mit.
Die von ihm vorangetriebene Reel-to-Reel-Tonbandaufzeichnung, auch Open-Reel-Recording genannt, ist die Form der Magnetband-Audioaufzeichnung, bei der das Aufzeichnungsmedium auf einer Spule gehalten wird, die nicht fest in einer geschlossenen Kassette montiert ist.
Damals Revolution, heute Retro
Ottens benutzte einen Holzklotz im Taschenformat als Richtlinie für die zukünftige Größe und Form der Kassette. Seine Erfindung sollte später für einen weltweiten Absatz von schätzungsweise 100 Milliarden Einheiten sorgen.
Die Kassette war von den späten 1970er-Jahren bis zum Aufkommen der CD Mitte der 80er-Jahre das dominierende Format für den Musikverkauf. Nachdem sie 1973 nur 4,6 % der US-Musikverkäufe ausmachte, übertraf sie 1980 zum ersten Mal die 8-Spur-Kassetten. 1984 übertraf sie zum ersten Mal die LPs. Von 1984-89 hielt sie einen Marktanteil von mindestens 50 %, so die RIAA.
Ottens sagte in der 2016 erschienenen Dokumentation „Cassette: A Documentary Mixtape“, dass von einem Erfolg ausgegangen wurde, nicht jedoch von einer derartigen Revolution.
Boombox, Decks und Walkman machen die Kassette populär
Die Kassette hatte auch ihre Kritiker*innen – diese beschwerten sich über das Rauschen auf dem Band, die schlechte Tonqualität oder das Abspulen des Bandes. Für letzteres hielten viele Leute einen Bleistift bereit. Für den Erfolg des tragbaren Formats sorgte das Aufkommen von Kassettendecks in Autos oder der Boombox-Hype der späten 70er-Jahre. Die darauf folgende Stereomanie (ausgelöst durch Sonys Einführung des Walkman) begünstigte die Popularität des Mixtapes.
Im Trailer des Dokumentarfilms „Cassette: A Documentary Mixtape“ sagt Ottens über Kassetten: „Das Tollste ist, dass es noch nicht vorbei ist. Ich weiß, dass viele Leute sie immer noch benutzen.“