Kaiser Chiefs – München. Atomic Cafe


Was, Sie finden nach all den Wochen immer noch Bloc Party super? Wohl den Schuß nicht gehört...

Es ist mal wieder einer dieser Freitage im Atomic Cafe, an denen man einfach dabeisein muß, weil die ruhmreiche Veranstaltungsreihe The Smart Club mal wieder die Zukünftige Tollste Band Der Welt ins Haus geholt hat. Manchmal sind die Bands im Smart Club nur für einen Abend die zukünftige tollste Band der Welt. Aber hier haben auch schon Leute wie die Libertines gespielt, Black Rebel Motorcycle Club und, ganz früher, Travis, Mando Diao, Keane. Solche Kaliber, immer bevor sie richtig durchbrachen, und Grundgütiger, ging’s da immer zu. Genau wie heute, und heute riecht’s hier mal wieder schwer nach Weltherrschaft. Die Kaiser Chiefs aus Leeds, aus diesem neuen Britenpack, die da vorne gerade abgehen wie ein rotes Moped, das ist ja… Nein, richtig, jetzt muß mal Schluß sein mit dem Gehype. Aber das ist verdammt nochmal die unfaßbarste supa-dupa-fly Liveband, die wir wohl das ganze Jahr sehen dürften! Doch wir wollen die Kirche im Dorf lassen.

Aber scheiße noch eins, diesen Kerlen werden wir noch zu Füßen liegen, wenn Bloc Party und Maximo Park längst was aus ihrem Studium gemacht haben! Okay. Runterkommen jetzt, wir sind hier die Kritiker. Aber seht euch das doch nur an, wie der Typ abgeht! Dieser Sänger, Ricky Wilson, ein untersetzter Wurschtl mit zu viel Ampere in der Batterie und einem gottgegebenen Selbstdarstellungstrieb, der einem nur so ins Gesicht explodiert! Wie ein Pelle Almqvist als leutseliger Dockarbeiter mit minimalem Distanzbedarf, der sich mit einer Hingabe ins Publikum schmeißt, daß ihn nach drei Songs die ersten fünf Reihen persönlich kennen.

Und schon allein, wie herrlich unfunky diese Band aussieht. Das müssen Gute sein. Der Gitarrist, Andrew White, wie ein etwas teiggesichriger All-in-one-1964er-Mix-Beatle (Lennon-Frisur, Paul-Linkshand, George-Rickenbacker, Ringo-Stoik). Dieser knautschige Keyboarder, Nick Baines, den sie alle nur Peanut rufen, mit seinem komischen Hut, der sein Instrument dengelt, daß man nichts als mitmuß. Und wie sie die Hits ihres safttriefenden Debüts Emplyment raushauen, smart, aber genau im rechten Maße unverkopft, wie ihre besten urbritischen Ahnen Kinks, Roxy, Blur, Specials, gleich beim Opener „Na Na Na Na Naa“ (noch ein Bonuspunkt für den Titel) furchtlos eine wilde Pubrock-Boogie-Extrarunde galoppieren wie eine durchgedrehte Spider Murphy Gang.

Die Kaiser Chiefs haben einen Trick: den Refrain mit Anlauf, so einen „Nelly The Elephant“-mäßig (wer die Toy Dolls noch kennt) verzögernden „Waaahh!“-Zusatztakt, bevor der Refrain losbricht, den sie auch auf Platte sehr effektiv anwenden und der live die Leute in veritable Veitstänze peitscht. Solch (gutartiges) Toben war selten. Und so geht’s dahin. Der abrupte, euphorisierende Harmoniewechsel zum Refrain in „I Predict A Riot“. Der einem Sturmläuten gleichkommende Chorus von „Oh My God“. Das manisch sich steigernde Stakkato von „Every Day I Love You Less And Less“ etc.pp. Am Ende, gerockt, fragt man sich, was zum Vogel eigentlich die Plattenfirma der Kaiser Chiefs reitet, das Album dieser 101-prozentigen Hitmonster, das in England längst raus ist, hierzulande erst im August zu veröffentlichen. Später ein Blickauf die Tourdaten auf der Chiefs-Website. Menno. Abgesehen von einem Aufschlag beim Haldern Festival sind die jetzt erstmal bis Herbst im Rest der Welt unterwegs. Wie sollen wir das, derart angefixt, so lange aushalten? Mal sehen. Vielleicht sind ja Maximo Park auch ganz okay live. Aber wir sind jetzt verwöhnt.

>>>www.kaiserchiefs.co.uk