Juliette Lewis im Aufwind
Als sie im Film "„Cape Fear" Robert de Niro den Finger lutschte, vergaß der Kinogänger sofort Sharon Stones fehlende Unterhose. Mit "„Kalifornia" und "„What's Eating Gilbert Grape" avancierte das häßliche Entlein zum Weltstar.
Gegensätze: Eine Schönheit ist sie bestimmt nicht, Juliette Lewis, der dünne Stern am Filmhimmel. Fransige Haare, eine ziemlich große Nase, und von Tom Cruises Zahnpastalächeln ist sie ohnehin weit entfernt. Auf der Leinwand ist die staksige Kleine fesselnd, faszinierend und unwiderstehlich.
Bescheiden („Ich will kein Star sein. Berühmt sein ist unwichtig, von allen geliebt zu werden ist für mich nun wirklich nicht aufregend“) und enorm erfolgreich: Mit ihren knappen 21 Jahren hat sie für den Thriller „Cape Fear“ Nominierungen für den Oscar und die Golden Globes schon hinter sich.
Außer mit Martin Scorsese (den darf sie „Marty“ nennen!) drehte Juliette Lewis mit Woody Allen, Lasse Hallstrom, Kultmeister Peter Medak und Oliver Stone und erlaubte sich -— Zeichen des Erfolgs! -— ein Angebot von John Singleton abzulehnen: Der wollte sie Drew Barrymore in einem College-Film an die Seite stellen.
Gegensätze: erfolgreich und jung in Hollywood und trotzdem keinen Ärger mit Drogen, Alkohol, keine öffentlichen Exzesse in Nachtklubs. Ein ganz normales Mädchen? Juliettes Papa Geoffrey Lewis ist ein angesehener Schauspieler, ihre Mutter Glenis Batley Grafikerin. Die beiden trennten sich früh.Dennoch war die Lewis-Familie so ein nett moderner Haushalt, wuchs sie in netten Verhältnissen und mit viel Verständnis für die netten Kids auf. Keine Prügel, kein Weglaufen, einfach nichts Dramatisches.
Mit 15 Jahren verdiente sie ihr Geld mit Fernsehserien, ließ sich mit dem Einverständnis beider Eltern volljährig erklären, um ihre Verträge selbst unterschreiben zu können. Die liberalen Eltern waren auch begeistert, als die 17jährige Juliette mit dem 27jährigen Brad Pitt zusammenzog. Ja, der Supertyp mit dem Traumkörper, der Geena Davis in „Thelma And Louise“ beibringt, was ein Orgasmus ist. Mit dem Schwan lebte das Entlein drei Jahre lang zusammen.
Bis sie den Film „Kalifornia“ drehten. Im Februar ’93 schwärmte Juliette noch, Brad sei schön wie ein griechischer Gott („Mein Gott, seine Bauchmuskulatur!“), und daß sie ihn rasend liebte, im März war’s vorbei. Man versteht: zwei Schauspieler im selben Haus, der Streß, die berufliche Konkurrenz. Aber natürlich bleibe man gute Freunde. Die Boulevardpresse freut sich schon: Nun rutscht sie ab, wird’s wilde Affären geben, bestimmt auch Drogen, wie damals bei der berühmten Kollegin Julia. Von wegen, Juliette blieb völlig normal: „Ich gehe jetzt viel einkaufen“, gesteht sie. „Ich sammle Klamotten, immer mehr und mehr. Ich kaufe neue, anstatt die alte Wäsche zu waschen.“ Pfffft!
Nun will die perfekte junge Dame auch noch Drehbuchautorin werden. Denn: „Schauspieler sind nicht so wichtig bei Filmen. Man sieht sie, aber sie arbeiten nicht allein“, erzählt Juliette. Bis es soweit kommt, verdient sie sich noch ein paar Dollar als Massenmörderin in Oliver Stones Film „Natural Born Killers“. Und zusammen mit Nora Ephron („Schlaflos in Seattle“ und „Harry und Sally“) soll sie die Amerikaner im Herbst zum Lachen bringen. Sowas grenzt schon fast an Langeweile!