ME-Gespräch

Josh Homme im Interview: „Ich will High-School-Kids in ihrer Rebellion bestärken und ihr Bösewicht sein“


Er ist einer der letzten unangepassten Vertreter der modernen Rockmusik, kreiert seit drei Jahrzehnten eigenwillige, unkonventionelle Klänge, versucht sich an immer neuen Kooperationen und geht keiner Konfrontation aus dem Weg. Trotzdem ist Josh Homme, was er nie sein wollte: ein Rockstar, der Arenen füllt, hohe Charts-Positionen erreicht, und nun mit seinen Queens Of The Stone Age das siebte Album, VILLAINS, vorlegt. 

Was hat dich veranlasst, für die neue Platte ein Streichquartett zu engagieren?

Ich habe immer Bläser verwendet und sie nicht selten wie Gitarren klingen lassen. Und ich muss zugeben:

Ich bin ein Tuba-Typ. Man hat nicht gelebt, ehe man nicht in einem Raum mit mindestens acht Tuben war.

Streicher waren dagegen etwas Neues, das ich noch nie probiert habe – deshalb musste ich mich daran versuchen.

Gilt das auch für den Einsatz von Vintage-Keyboards?

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Ja, richtig billige und schlechte. Was nichts an der Tatsache ändert, dass wir unseren eigenen Sound haben, worauf ich sehr stolz bin. Denn das ist heutzutage alles andere als normal – und nur schwer zu erreichen. Man muss vorsichtig sein, um kein Cartoon-Charakter zu werden. Oder eine Parodie seiner selbst. Man darf nicht statisch werden und muss wachsen, sonst stirbt man. Diesmal war ich wieder kurz davor, denselben dreckigen Hall wie auf den Alben davor zu benutzen – doch das ging nicht. Ich musste mir etwas Neues einfallen lassen. Deshalb beginnt das Album mit Sachen, die wir ursprünglich machen wollten und die unter dem ersten Song begraben sind. Auf diese Weise lösen wir uns davon und bringen den Groove.

Du hast also den Groove?

Ich liebe es, zu tanzen! Bei den Queens bin ich meistens ans Mikro gefesselt, aber auf der Iggy-Tour konnte ich Gitarre spielen.

Ich liebe die Bewegung! Genauso wie mit meinem Bruder und seinem Ehemann tanzen zu gehen.

Das habe ich schon immer gemocht. Ich erinnere mich noch, wie ich als Kind zu High-School-Bällen gegangen bin. Die anderen Jungs standen am Rand der Tanzfläche, und ich habe zu ihnen gesagt: „Warum lungert ihr hier rum? Alle Mädchen sind auf der Tanzfläche!“ Daraufhin sie: „Tanzen ist doof.“ Und ich: „Nein, ihr habt nur Angst. Dabei stört sich niemand daran, wie ihr tanzt – also macht gefälligst mit.“ Manchmal ist es richtig und wichtig, sich zum Trottel zu machen.

Wie stark ist VILLAINS  von David Bowie und Devo beeinflusst, von den späten 70ern und frühen 80ern?

Eigentlich ist es mehr John Carpenter. Ich habe in letzter Zeit eine Menge Soundtracks gehört, um mich auf den Score zu „In The Fade“ einzustimmen, den Fatih-Akin-Film. Aber ich liebe Devo, eine der größten Bands aller Zeiten! Ganz abgesehen davon wollte ich immer Drummer werden – und ihre Art des Schlagzeugspiels ist eigenwillig und wunderbar. Sie erinnert mich an Warner-Brothers-Cartoons aus den 50ern, wie „The House Of Tomorrow“ – mit diesen Maschinen, die zum Straßenkehren antreten und alles zerstören. Wenn ich Devo höre, ist das das Erste, was mir durch den Kopf schießt. Deshalb wollte ich auch wieder auf diese defekten, alten Keyboards zurückgreifen, die auf dem allerersten Queens-Album vertreten sind. Sie sollten die Melodien bestimmen.

Mark Ronson

Warum hast du Mark Ronson als Produzenten verpflichtet?

Weil er ein großer Musikfan ist und es etwas Spannendes hat, mit jemand Neuem zu arbeiten. Außerdem ist er ein wahnsinnig netter Kerl, mit dem man sehr gut reden kann.

Aber mit dem Musikkosmos der Queens hat er wenig zu tun.

Richtig! Aber er entspricht dem Anforderungsprofil und weiß, wohin er sich bewegen muss, um für Verwunderung zu sorgen. Nach dem Motto: Ich bin hier, wo ihr mich nie erwarten würdet. Was einige Leute tatsächlich wütend macht – das finde ich irre. Das Aufregende an meinem Job und der Grund, warum ich ihn gewählt habe, ist das Unerwartete und Mysteriöse daran. Der Moment, in dem man aus dem Schatten hervorspringt und „tada“ ruft. Das ist eine Sache, die auch wir gerne verfolgen: Wir schieben dem Mainstream etwas Cooles in den fetten Hintern – und es passt.

Trotzdem findet die kommende Tournee in den größten Hallen statt. Ist das kein Widerspruch?

Das habe ich jahrelang zu vermeiden versucht, das kannst du mir glauben.

Ist das der finale Schritt in Richtung Rockstar?

Das ist nicht der Grund, warum ich Musik mache. Und das Lustige ist, dass unser Konzert-Booker zu mir meinte: „Ich habe noch nie eine Band wie die Queens erlebt, die so langsam und beständig wächst.“ Ein wunderbares Kompliment! Aber ich spiele tatsächlich seit Jahren in den gleichen Hallen. Mein Ziel ist es, entweder zu wachsen oder zu sterben. Wenn morgen alles vorbei wäre, würde ich das auch verstehen. Dann mache ich halt etwas anderes. Ich will nur nie wieder Dächer teeren. Das war ein Scheißjob!

Das ME-Gespräch mit Josh Homme erschien zuerst im September-Musikexpress 2017. Das neue Album der Queens Of The Stone Age, VILLAINS, ist am 25. August 2017 erschienen.

Melt!