Jon Spencer Blues Explosion


Köln, Gebäude 9

Der King ol Cool hat einen Namen: Er heißt Jon Spencer und kommt wie eh und je aus New York.

Jon Spencer fragt, das Publikum antwortet nicht. Macht aber nichts. Die Menschen im Auditorium sind auch so bereit für die Dinge, die da so sicher kommen werden wie der Abstieg des 1. FC Köln und am besten unter einem schön laufenden AUiterationsmonsterzusammengefasst werden können: rau, roh und rebellisch. Jon Spencer ist in der Stadt, er ist wie immer sehr lässig, ohne betont lässig sein zu wollen, der Mann trägt, ebenso wie seine Mitstreiter Judah Bauer und Russell Simins, eine schwarze Tapete – und der Mann sieht, im Gegensatz zu Gitarrist und Schlagzeuger, unverschämt gut aus und versprüht locker aus den schmalen Hüften das, was unter Rockisten selten bis nicht existent ist: Glam.“.Were the Jon Spencer Blues Explosion, alwaysfrom New York City“, sagt der Chef, und dann macht das Trio alles, was ein Trio nur machen kann. Und vor allem: keine Kompromisse. Beim Erzeugen wohlfeilen Krachs zum Beispiel. Bei seiner gekonnt dahingerotzten Art, Schnörkellosigkeit de Luxe verbreitend. Und selbstverständlich auch bei der zweifellos alles andere als leichten Aufgabe, ohne jegliches Posing echten Männerschweiß und echten Bierdunst eins werden zu lassen. Die Blues Explosion spielt Songs von ihrem demnächst erscheinenden Album „Plastic Fang“, und die sind so die wie meisten Songs der Band: dezent im archaischen Blues geerdet, aber Gott sei Dank nichts für Walter-Trout- und Gary-Moore-Fans. Wenn Jon Spencer sich etwas vom Blues, aber auch vom Soul und Punk – hallo Stooges! – ausborgt, wird die Kombination dieser Referenzen trittsicher über den schmalen Grat zwischen postmoderner Dritt- bis Viertverwurstung und Authentizität im Hier und Jetzt geführt. Was nur halb so geschwollen klingt wie’s schlussendlich gemeint ist.“.We don’t play no blues, we play rock’n’roll“, nennt Jon Spencer das – und da hat er verdammt Recht. Einwände, der Rock, wie ihn die JSBE auf die Bühne bringt, sei nicht eben variabel, sind spätestens bei ..Shakin‘ Rock’n’Roll Tonight fürs Erste ad acta gelegt und spätestens mit dem nächsten Bier tutti completti weggespült. Es gilt uneinschränkt: Wenn es nicht rockt, isses fürn Arsch. Für’n Arsch war also bei diesem Gig gar nichts, dennoch hatte der Abend im Gebäude 9 einen entscheidenden Makel: Jon Spencers extrem gut aussehende Gattin Christina Martinez, Frontfrau von Boss Hog, war nicht vor Ort: einer musste schließlich aufs gemeinsame Kind aufpassen. Schade natürlich, aber wahrscheinlich besser so. Zu solch einem gerüttelt Maß an Rock auch noch eine perfekte Rock Bitch zu erleben, das hätte so manchen heterosexuell veranlagten Mann dann doch womöglich längerfristig aus den Latschen gehauen. Martin Weber www.matadorrecs.com