Jon Snow ist tot: Ein Rückblick auf die 5. Staffel von „Game of Thrones“
Seit dem 14. April 2019 läuft die finale, achte Staffel „Game of Thrones“. Grund genug, um sich noch einmal mit ihren Vorgängern zu beschäftigen: Die 5. Staffel endete mit einem gigantischen Cliffhanger.
Die Anzahl der meisten gewonnen Emmys innerhalb einer TV-Saison sicherte der fünften Staffel einen Eintrag ins Guinness-Buch. Doch auch für „Game Of Thrones“ gilt: Es ist nicht immer alles Gold, was glänzt. Die größte Schwierigkeit einer jeden langlebigen Serie besteht darin, das Niveau zu halten. Nach vier qualitativ erhabenen Staffeln, die expositorisch in charakterlicher und geografischer Kleinarbeit Martins Fantasy-Welt für den Bildschirm erschlossen haben, beginnt die fünfte Staffel von „Game Of Thrones“ in jener Königsdisziplin etwas zu straucheln. Dem Verlust vieler vertrauter Helden und Hassobjekte geschuldet, sind manche der narrativen Neuordnungen nicht immer schlüssig. Doch der Reihe nach.
In King’s Landing sieht Cersei nach der Vermählung Margaerys mit Thronfolger Tommen ihren Einfluss am Hof schwinden. Die zunehmend auf die Königinmutter-Position reduzierte Intrigantin paktiert daraufhin mit dem Oberhaupt einer Gruppe religiöser Fanatiker, den „Spatzen“, denen sich inzwischen auch ihr zurückgekehrter Cousin und Interimsgeliebter Lancel angeschlossen hat. Cersei ermöglicht die Wiederbewaffnung eines militärischen Ordens und erhebt den, als „Der Hohe Spatz“ bekannten, Anführer der asketisch-puritanischen Splittergruppe zum neuen Religionsoberhaupt in Westeros.
Bußgang durch King’s Landing
Ihre Intention ist gewohnt durchtrieben: Im Rahmen moralischer Säuberungsaktionen soll auch dem homosexuellen Loras Tyrell der Sündenprozess gemacht werden. Dieser leugnet seine Neigungen zwar in der Verhandlung, genau wie Margaery ihre Kenntnis davon, doch der von Cersei bereitgestellte Überraschungszeuge und Bettgefährte Loras’, Olyvar, bestätigt die Vorwürfe, woraufhin der Angeklagte und Margaery wegen Meineid hinter Gitter wandern. Dass Cersei kurz darauf das gleiche Schicksal ereilt, als sie von Lancel des Inzests bezichtigt wird, war sicherlich nicht Teil ihres perfiden Plans gegen das Haus Tyrell. Ein Plot-Twist, der in einer Staffel-Schluss-Szene der Genugtuung gipfelt: Nachdem sie zumindest ihre Affäre mit Lancel gestanden hat, muss Cersei mit kurzgeschorenem Haar zum nackten Bußgang durch die Stadt antreten.
Zwillingsbruder Jaime ergeht es nicht viel besser. Nach einer Racheandrohung für Oberyns Tod aus dem Hause Martell hat dieser sich nach Süden aufgemacht, um Töchterchen Myrcella nach Hause zu holen. Die Nebenhandlung im bislang auf der Landkarte stiefmütterlich behandelten Dorne entpuppt sich als schwächste der gesamten Serie. Das dortige Machtgerangel zwischen Oberyns auf Vergeltung sinnender Geliebten, Ellaria Sand, und Prinz Doran – das in dessen Tod endet – weiß erzählerisch nicht so recht zu überzeugen. Gleiches gilt für die von Ellaria instrumentalisierten, kriegerischen Bastardtöchter Oberyns, die Sandschlangen, deren Darstellung wie eine Amazonen- B-Movie-Fantasie von Quentin Tarantino anmutet.
Die Zuschauer protestieren
Für Aufregung sorgt indes das Schicksal Sansa Starks. Petyr Baelish aka Littlefinger hat – zur vermeintlichen Stärkung der nordischen Häuser – Sansas Hochzeit mit Ramsey Bolton in die Wege geleitet, auch wenn er selbst, in heimlicher Absprache mit Cersei, auf den Posten als Wächter des Nordens sinnt. Sansas Rückkehr nach Winterfell gerät zur erneuten Feuerprobe für die charakterlich stetig erstarkende Sansa. So trifft sie dort auf Theon Greyjoy und erfährt, dass dieser ihre beiden jüngeren Brüder doch nicht auf dem Gewissen hat. Ein Trost, der angesichts der beginnenden monströsen Misshandlungen durch Ekel Ramsey nicht lange Bestand hat. In ihrer Hochzeitsnacht vergewaltigt der brutale Bolton sie im Beisein Theons, womit die sechste Episode einen Sturm von Zuschauer- und Kritikerprotesten auslöste.Man freut sich umso mehr, als Sansa im Tumult der Schlacht zwischen Stannis und den Boltons schließlich zusammen mit Theon das Entkommen gelingt. Besagter Baratheon ist indes bei seinem Winterfell-Feldzug weniger erfolgreich. Das von Melisandre für den Sieg geforderte, abartige Scheiterhaufenopfer seiner Tochter Shireen bringt nicht den gewünschten, sondern eher den gegenteiligen Effekt. Stannis’ Frau Selyse erhängt sich aus Kummer, die Hälfte seiner Männer desertiert und selbst Melisandre sucht das Weite. Nach aussichtslosem Kampf gegen die Bolton-Armee stirbt der geschlagene potenzielle Königskandidat durch die rächende Hand Brienne of Tarths.
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Unterdessen hat sich in Braavos Wildfang Arya Stark in die Obhut von Jaqen H’ghar und der „Männer ohne Gesicht“ begeben und beginnt ihre disziplinarische Ausbildung in der Attentäter-Gilde des „vielgesichtigen Gottes“. Die geforderte völlige Aufgabe der eigene Identität gelingt ihr jedoch nicht; ihr eigenmächtiger Listen-Mord an Meryn Trant hat zur Folge, dass Mentor Jaqen sie mit Blindheit straft.
Tief südöstlich in Essos verlaufen die Dinge für eine andere favorisierte Protagonistin ebenfalls schwierig. In Meereen stößt Daenerys’ neue gesellschaftliche Ordnung ohne Sklaverei auf inneren Widerstand durch die militante Terrorgruppe „Söhne der Harpyie“. Auch ihre Drachen erweisen sich als aufmüpfig. Der bisherige Siegeszug der Sturmtochter scheint erstmalig ins Wanken zu geraten. Doch mit Tyrion Lannisters Ankunft auf Umwegen kann diese Staffel einen ihrer Höhepunkte verzeichnen. Das Zusammentreffen der beiden und die Aufnahme Tyrions als Berater in Daenerys’ Kreis birgt einige der besten Szenen und Dialoge. Ein Attentat der „Söhne der Harpyie“ bei einem der von Daenerys zur Friedenswahrung gebilligten Gladiatorenkämpfe bringt jedoch eine weitere unerwartete Wendung. In letzter Sekunde von ihrem zurückgekehrten Drachen Drogon gerettet und auf dessen Rücken entkommend, fällt Daenerys zum Ende weit entfernt von Meereen in die Hände einer Horde Dothraki.
Das Ende einer Heldenreise?
Ein Cliffhanger, der nur noch von einem anderen Haupthandlungsstrang übertroffen werden kann: Nachdem Jon Snow hoch im Norden zum neuen Lord Kommandanten der Nachtwache gewählt wurde, sucht dieser in Hartheim erfolgreich das Bündnis mit den verbliebenen Freivölkern. Ein plötzlicher Angriff von Wiedergängern unter Führung des eisigen Nachtkönigs dezimiert diese neue Front jedoch erheblich. Jon gelingt mit den verbliebenen Wildlingen die Flucht. Dabei werden sie Zeuge, wie der Nachtkönig sämtliche Gefallenen wiederauferstehen lässt und so seine Zombie-Armee weiter aufstockt. Zurück an der Mauer wird Jon von abtrünnigen Nachtwächtern unter der Führung seines ewigen Widersachers Ser Alliser schließlich in einen Hinterhalt gelockt und mit zahllosen Messerstichen gemeuchelt. Soll es das für den zum strahlend integren Helden Aufgebauten gewesen sein?