John Mellencamp
TYPISCH DUSSELIGER MUSIKJOURNALIST: Kommt eine Viertelstunde zu spät – ausgerechnet beim einzigen Konzert der Saison, das pünktlich beginnt. Schlag neun pfeift Zeremonienmeister Mellencamp an. Als der Chronist endlich auftaucht, donnert gerade der Schlußakkord von „Jack & Diane“ durch die Boxen. Die Halle ist proppenvoll. Höchstens im Eingangsbereich sind noch ein paar Ouadratzentimeter frei, und von dort schweift der Blick über eine einzige enthusiastisch wogende Masse schwitzender Leiber mit geradezu blöd-glücklichem Gesichtsausdruck. Was ist hier los? Die Atmosphäre gleicht eher der, die mit Glück zum Ende eines Konzertes entsteht – Euphorie pur. Dabei stehen da auf der Bühne nur ein paar gut abgehangene Mittvierziger, die ihre Instrumente verhältnismäßig stoisch bearbeiten. Lediglich die Mädels turnen rum. Geigerin Miriam Sturm, auch optisch ihrer Vorgängerin Lisa Germano zum Verwechseln ähnlich, läßt Bogen und Becken kreisen. Auf der entgegengesetzten Bühnenseite macht sich die etwas molligere Backgroundsängerin Pat Peterson an allerlei Rhythmusinstrumenten zu schaffen und tanzt dabei ausgelassen mit dem MikroStänder. Und dann ist da noch der Boß, pardon, der Kleine Boß. Musikalisch seit je direkter Nachbar des großen Bruce S., wirkt der inzwischen 47jährige Mellencamp ausgesprochen agil. Die Haare auf Elvis-Format gefönt, so eine Art mittelalter James Dean mit Nashville-Einschlag, strahlt der Mann übers ganze Gesicht und läßt sich feiern. Zu Recht. Denn der Musiker Mellencamp bürgt nach wie vor für gediegene Qualität. Wie gesagt, im Auditorium herrscht Euphorie nach Noten. Bei Highlights wie „Ain’t That America“ oder „R.O.C.K. In The USA“ hat man gar das Gefühl, Zeuge eines ganz großen Abends zu werden. Bis dann urplötzlich alles vorbei ist. Nach 80 Minuten geht der Mann von der Bühne – und kommt NICHT wieder. Keine Zugabe. Trotz noch minutenlang brodelnder Masse vor der Bühne. Ich krame im Gedächtnis, wann ich das letzte Konzert ohne Zugabe gesehen habe. Keine Ahnung. Das hier ist jedenfalls ein Koitus Interruptus – und gehört sich irgendwie nicht.