John Martyn: „Sag ihnen, wie wunderbar ich bin!“


Es klingt blöd, dauernd von unentdeckten Talenten zu sprechen, denn natürlich gibt es sie in Hülle und Fülle – allerdings entdeckt, so richting entdeckt werden sie manchmal erst reichlich spät. Letzteres tritft ganz bestimmt aut den 26 jährigen, waschechten Londoner John Martyn zu, den wir neulich hoch im Norden auf dem Edinburgh Music Festival trafen. Übrigens, Can aus Köln, über die wir an anderer Stelle in diesem Heft berichten, spielten auf demselben Festival.

NEUES ALBUM: ‚INSIDE OUT‘

Nun, John Martyn ist in England und auch in Schottland schon lange kein Unbekannter mehr, denn das gerade auch in Deutschland erschienene Album ‚Inside Out‘ (Island ILPS 9253) ist bereits seine siebte LP. John, der auf der Bühne wie so eine Art Folk-Jazz Komiker wirkt, nahm schon mit 19 Jahren sein erstes Album unter dem Titel ‚London Conversations‘ auf. Auf der neuen Scheibe wie auch bei seinem Gig in Edinburg war bzw. ist er als hervorragender, feeling-betonter Sänger und als Wahnsinns-Musiker auf seiner akustischen Gitarre zu hören, die er meist an ein Echo-Gerät anschliesst. Es ist unglaublich, was John Martyn aus diesem Minimum an Technik und einem Maximum an Feeling für einen Sound zusammenbraut. Man kann es nicht beschreiben, man muss es ganz einfach gehört haben. .

SESSION MIT STEVIE WINWOOD

Auf der Bühne wird John regelmassig von seinem Freund und Bassgeiger Danny Thompson begleitet, der früher eine Zeitlang bei Pentangle spielte. Wie sehr die Experten in der Londoner Rock-Scene dieses Duo bereits beachten, wird am Besten deutlich, wenn man die Liste der Musiker aufzählt, die als Session-Musiker aut dem neuen Album mit von der Partie sind: Stevie Winwood und Chris Wood von Traffic, Ftemi Kabaka und der Studio-Saxophonist Bobby Keyes, der auch auf der neuen Stones-LP ‚Goat’s Head Soup‘ zu hören ist.

AUF US-TOUR MIT TRAFFIC

Mit Tratfic verbindet John Martyn übrigens schon eine lange Freundschaft. Im Januar dieses Jahres ging er mit ihnen und mit ‚Free‘ zusammen auf Amerika-Tournee. In den Staaten begann man sogleich aufzuhorchen, doch hier bei uns war John noch immer ein gut gehütetes Geheimnis. Martyns vorletztes Album ‚Solid Air‘ erschien drüben in der LP-Top 100, und der sagenhafte Erfolg auf der Traffic-Tour sorgte dafür, dass er momentan bereits wieder durch die Staaten tourt – diesmal nicht mehr nur im Vorprogramm und natürlich wieder zusammen mit Danny Thompson. In Edinburgh tat John Martyn den ersten Schritt, um auch in den deutschsprachigen Ländern zu einem Begrift zu werden und lud ME-Redakteur Lutz Wauligmann zu einem Interview ein:

‚ICH MAG McLAUGHLIN‘

ME: Was macht man, wenn man davon ausgehen muss, dass kaum einer in Deutschland dich kennt? John: Sag‘ ihnen, wie wunderbar ich bin …

ME: Durch welche Leute wurdest Du musikalisch beeinflusst? Klingen deine Songs nicht ein bisschen wie die von Loudon Wainwright?

John: Vielleicht, aber Loudon spielt sehr schlecht Gitarre, weisst Du… In letzter Zeit hat mich David Graham sehr beeinflusst, der sowas wie der ‚Vater‘ vieler Gitarristen hier in GB ist. Ausserdem steh‘ ich auf Jazz-Grössen wie Chick Corea, Weather Report, John Coltrane und auch John McLaughlin.

ME: Hast Du noch andere Interessen als Musik?

John: Aber sicher. Ich geh‘ tagelang angeln, am Wichtigsten ist mir aber meine Familie, meine Frau und meine beiden Kinder. An zweiter Stelle liebe ich Musik, an dritter das Angeln, an vierter Stelle Drogen und Bier usw. … haha … ich kann mich nicht beklagen.