Jet
München, Metropolis Aussie rules: Die vier aus Oz rechtfertigen den Hype. Keine Gefangenen gemacht.
Ein Schlagzeugsolo! Dass wir das noch erleben müssen! Nein: dürfen. Macht schon Laune, wie konsequent und stilecht der Retrorock momentan an die Krippe geführt wird, dazu von Milchbärten wie The Stands aus Liverpool, die in ihren Support-Set gewagte zwei Ten-Years-After-mäßige Jams packen. Party like it’s 1968, Beatles, Dylan, Byrds, Neil Young, dreistimmiger Gesang. Harmonikas. Und eben ein Drumsolo, das gab’s ja nicht mal bei The Darkness. The Stands – keine Weltrevolution, aber was zum Vormerken für den Festivalsommer (Ende März kommen sie erstmal auf Clubtour].
Eine andere Baustelle sind dann aber doch Jet. „How the fuck yer doin‘?Huh?“, kräht Nie Cester zur Begrüßung in die britzelnde Stimmung im überausverkauften Metropolis hinein, die beinahe Lichtbögen schlägt, als er und seine Kollegen jetzt unter Feedbackpfeifen das erste Riff aufreißen. An manchen Abenden weiß man sofort, dass nichts schief gehen wird. Heute ist so einer. Jet sind in diesen Tagen am genau richtigen Punkt auf der Schwelle zum Durchstarten, um jeden hier im wohligen Gefühl zu wiegen, auserwählt zu sein. Und dann steht da vorne nicht wie vor drei Tagen bei The Darkness eine schon recht ausgelaugte Band, die den Erwartungen etwas mühsam hinterherstakst: Die vier aus Melbourne strahlen eine hungrige Energie aus, als seien sie erst seit gestern und nicht schon seit einem Jahr auf Tour und klatschen einem Songs wie „Cold Hard Bitch“, „Get What You Need“, „Roll Over DJ“ und den D-Zug „Take It Or Leave It“ mit einer Nonchalance in die Fresse, dass man sich erstmal die Nase putzen muss. Und sehen die super aus! Nie Cester wieselig-drahtig wie ein Thom Yorke aus einem hardrockenden Paralleluniversum; Bruder Chris am Schlagzeug mit Fusselbart zu leicht irrem Blick. Bassist Mark Wilson, eine riesige Figur mit weißem Jackett, Halstuch und Fetthaar und Posterboy Cam Muncey mit Fluppe im Mund und Flying V an der Hüfte. Vier Typen. Charakterkopfe mit der richtigen sympathischen Dosierung von Leck-mich!-Rocker-Rauheit und kumpelhafter Herzensbildung; die Songs genau der richtige Mix aus nassforsch gut geklaut und kniffreich selbst gebaut. Immerwieder mal echot ein Riff gutes altes Bekanntes – AC/DC, T. Rex, Stones, Beatles – und doch ist es alles ihr Eigen, mit unverkennbarer Liebe zur Sache und In-und-auswendig-Kenntnis des Handbuches in eine neue, superfeiste Wurst gerollt. Und die Leute fressen sie ihnen aus der Hand. Jedes neue Riff sorgt für Entzücken und als Nie Cester den Schellenkranz zur Hand nimmt, bricht fast ein Sturm los, weil alles schon auf das allererste „tsching“ anspringt wie auf einen Pavlov’schen Reiz: Waaaah! „Are You GonnaBeMy Girl“! Cester brüllt den Refrain mit einer Rückhaltlosigkeit, als hätte er noch ein paar Reservepackungen von diesen unglaublichen Stimmbändern in seinem Kulturbeutel hinter der Bühne. Zur Zugabe „Thafs Alright Mama“ gibt’s dann auch einen kurzen Jam. Aber kein Drumsolo. Vielleicht unterscheidet das ja die Männer von den Buben,