Jerney Kaagman
Earth & Fire besteht inzwischen seit 3 Jahren und ist momentan voll beschäftigt mit den Vorbereitungen ihrer dritten LP, über die uns Sängerin Jerney Kaagman einfach deshalb noch nichts mitteilen wollte und konnte, weil bisher zu wenig davon feststeht. Sicher ist, das sie im Januar herauskommt.
In den 3 Jahren hat sich Earth & Fire in Deutschland und Holland zu einer Top-Gruppe entwickelt. Sie bemühen sich in letzter Zeit, auch in anderen Ländern den Durchbruch zu schaffen. Jerney wollte zwar noch nichts über die neue LP erzählen, aber es gab genug Gesprächsstoff zum Thema Earth & Fire. Zudem haben wir ein paar schöne Fotos von ihr im holländischen Schloss Oud Wassenaar gemacht, in dem vor kurzem noch die Familie McCartney während der Wings-Europatournee logierte.
ME: Vor 2 Jahren hast Du in einem Interview gesagt, dass Shirley Bassey deine Lieblingssängerin ist. Denkst Du heute noch genauso?
Jerney: SHIRLEY BASSEY BEWUNDERE ICH NOCH IMMER ALS KÜNSTLERIN. Sie kann einfach alles, aber Dusty Springfield steht nun bei mir an der Spitze. Dann mag ich auch noch Grace Stick und Dorethy Moskowitz von ‚United States of Amerika‘.
ME: Was hältst Du von Sandy Denny?
Jerney: DAS IST WIEDER GANZ WAS ANDERES. Ich mag sie zwar, aber es ist nicht ganz mein Geschmack. Es ist schön und gut, aber es passt einfach nicht zu mir. Auch Joni Mitchell finde ich so lala. Ihre Musik übt auf mich keine besondere Anziehungskraft aus.
Wahrscheinlich könnte ich ihre Lieder singen, aber ich wäre wohl nicht mit dem Herzen dabei. Sie ist schon ein duftes Mädchen, denn sie schreibt ihre Nummern selbst, entwirft ihre eigenen Hosen, sie arrangiert und sie spielt selbst. Von Buffy St. Marie finde ich, dass sie Charme und Atmosphäre ausstrahlt, aber als Sängerin sagt sie mir eigentlich nichts.
ME: Kannst Du etwas über deine musikalische Entwicklung In den letzten Jahren erzählen?
Jerney: ALS WIR DAS ERSTEMAL INS STUDIO KAMEN, MACHTEN WIR SOWAS WIE „UNDERGROUND“-MUSIK. Die Songs, die wir produzierten, waren total anders als die Nummern, die zu der Zeit in den Niederlanden herauskamen. Dann haben wir weitere Platten gemacht, aber es wollte alles nicht so recht klappen. Wir hatten auch noch keine richtige Band zusammen. Das kannst Du leicht bei den Platten merken, die wir damals herausgebracht haben. Nach den ersten Aufnahmen haben wir viel gelernt. Unsere Studio-Erfahrung wurde grösser, Du kriegst einen Blick für bestimmte Dinge. So entwickelt sich eine Band, und so bekommt man einen bestimmten Sound. Das alles hat sich in den vergangenen Jahren abgespielt. „Song Of The Marching Children“ war unser Wendepunkt. Jetzt sind wir wieder auf unseren Ausgangspunkt zurückgekehrt, denn früher, als wir noch keine Platten machten, machten wir Musik, die wir gut fanden. Danach machten wir Plattenaufnahmen und mussten dem Publikumsgeschmack Rechnung tragen. Jetzt sind wir soweit, dass wir Nummern aufnehmen können, die wir wieder gut finden. Eine ideale Situation also.
ME: Wie arbeitet ihr?
Jerney: GERARD UND CHRIS KOERTS SCHREIBEN DIE MUSIK. Davon hab ich keine Ahnung. Da heisst es nur abwarten. Dann gehen sie zu zweit oder allein ins Studio. Der Road-Manager ist dabei, man sagt, ich brauche das und das, und so arbeiten sie ihren Ideen aus. Der Produzent hat mit der ganzen Sache auch noch nichts zu tun. Mit Hilfe des Mellotron wird zuerst arrangiert. Der Drummer und der Bassgitarrist werden dazugeholt und danach auch der Produzent. Der hört zu, macht Vorschläge und überlegt sich, wie er in zwei, drei Monaten die Aufnahmen gestaltet. Nachdem das Demo-Band aufgenommen ist, nimmt man es mit nach Hause, wo dann der Text geschrieben wird. 150 MAL IM JAHR
ME: Bei Plattenaufnahmen hat man wenig Zelt. Wie kommt das?
Jerney: WENN MAN INTERNATIONAL ALS GRUPPE IM GESPRÄCH BLEIBEN WILL, MUSS MAN SOVIEL SPIELEN, UM AUF SEINE KOSTEN ZU KOMMEN, SODASS KEINE ZEIT ÜBERBLEIBT FÜR ANDERE DINGE. Wir treten 150 mal im Jahr auf. Zwischendurch sind wir mit Sachen beschäftigt wie Interviews und Fotos machen, die Radiostationen besuchen, usw, und in der übrigen Zeit üben wir und gehen ins Studio.
ME: Seid ihr eine Single- oder eine LP-Gruppe?
Jerney: WIR WOLLEN SCHON EINE LP-GRUPPE WERDEN. Ich glaube, dass wir bereits auf dem Weg dahin sind, denn wenn wir bei Konzerten ankündigen, Nummern von der LP zu spielen, bekommen wir viel Applaus, aber Singles sind wohl nun mal nötig.
ME: Wer kauft eure Platten?
Jerney: KEINE AHNUNG. Ich bekomme Fan-Post sowohl von Zwölfjährigen als auch von Studenten aus Berlin. Ich habe den Eindruck, dass unser Publikum 5 bis 6 Jahre älter ist als das von Shocking Blue.
ME: Verdient ihr viel Geld?
Jerney: ES GEHT. Verglichen mit anderen Top-Gruppen verdienen wir noch das Wenigste. Im Moment bekommen wir für ein Konzert DM 1750, ab Januar DM 2000. Golden Earring kriegen DM 3500 bis DM 4000, Shocking Blue genau dasselbe und Focus DM 2250. Wir reisen mit 10 Personen in 2 Bussen. Man kann sich also ausrechnen, dass, wenn wir so weitermachen, sich keine Reichtümer anhäufen. Man kann sehr schön davon leben, aber damit hat sich’s.
TRANSPORT- PROBLEME
ME: Wie sieht es denn mit den grösseren Unkosten aus?
Jerney: DIE TRANS-PORTKOSTEN. Die 2 Busse ergeben im Jahr DM 30 000 Unkosten. Im Dezember bekommen wir einen neuen Transportwagen. Dann wird das Reisen mit zusätzlich zwei Pkw’s noch teurer. Der Transporter muss umgebaut werden, eine Doppelschlafkabine muss rein, das Chassis wird verlängert, usw. Zusammen mit einem neuen Pkw kostet das dann wieder DM 60 000.
ME: Wie kommt ihr mit eurer Anlage klar?
Jerney: WIR KÖNNEN NICHTS MEHR ANSCHAFFEN, DENN SONST WIRD ES UNMÖGLICH, NOCH KONZERTE ZU GEBEN. Wir haben jetzt schon eine Bühne nötig von 10 mal 4 qm. Viele Säle fallen also schon für uns aus.
ME: Was machst Du am liebsten?
Jerney: NUR KONZERTE GEBEN. Zweimal im Jahr eine Tournee machen und nur in grossen Sälen auftreten. Ferner die Zeit nutzen und neue Musik entwickeln. Wenn Du in Holland irgendwann zur Spitzengruppe vorgestossen bist und anfängst, Dich für’s Ausland zu interessieren, rennst Du gegen dicke Mauern, weil man Dich nicht Fuss fassen lässt. Was man dann anstellen muss, ob man für diese und jene spielen muss und hofft, dass man ankommt und die Platten sich wie warme Semmeln verkaufen, oder ob man sich einfach hinsetzt und abwartet, bis man geholt wird, ich weiss es nicht. Alles ist schon mal dagewesen. Und ans Ausland muss man denken, wenn man es in Holland geschafft hat und man noch mehr tun möchte. Wir möchten z.B. gern quadrofonische Platten herausbringen, doch das lohnt sich erst, wenn wir u.a. auch in Deutschland ganz bekannt sind
10 persönliche Fragen an Jerney Kaagman von Earth & Fire
1. Wirst du von einem Musiker oder von sonst irgendjemandem beeinflusst? Nein.
2. Weiche Art von Platten spielst du zuhause? Wenn ich nach Hause komme, gehe ich schlafen.
3. Kannst du überhaupt noch enthusiastisch reagieren, wenn du doch zufällig ‚mal irgendwo eine Platte hörst? Aber sicher!
4. Hörst du dir auch ab und zu deine eigenen Platten an? Nein. Ach, na ja, hin und wieder spiele ich noch eine der Platten, die wir ganz am Anfang gemacht haben. Einfach nur so aus Spass, um noch ‚mal zu hören, was wir damals so brachten.
5. Welche deiner Platten gefällt dir am besten? Song Of The Marching Children.
6. Wo wohnst du? Ich ziehe demnächst um, denn ich habe gerade in Leidschendam (Holland) eine Wohnung gekauft.
7. Hast du auch Haustiere?
Ich habe einen Schäferhund, das ist ganz günstig, denn den kann ich überall mit hin nehmen. Ich hätte furchtbar gern viele Tiere. Von allem etwas.
8. Hast du viel Kontakt zu anderen Holländischen Popmusikern? Nein. Mir gefällt die Scene übrigens auch gar nicht mehr so recht. Es passiert einfach nichts mehr.
9. Siehst du viel fern?
Kaum. Beinahe nie.
10. Was hältst du für das grösste Problem auf dieser Welt? Unverständnis und Unverträglichkeit.