Jan Böhmermann: „Ich habe einen rumpeligen Witz gemacht, mehr isses ja nicht“


Nach der Affäre um seine Schmähkritik an Erdoğan meldet sich Jan Böhmermann zurück. Seinen Humor hat er nicht verloren, aber er habe sich sehr „über die Kanzlerin beömmelt.“

Wochenlang schwieg Jan Böhmermann, während es in der Presse fast kein anderes Thema als ihn und sein am 31. März vorgetragenes Schmähgedicht gab, das auf den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan abzielte. Erdogan verklagte Böhmermann, die Bundesregierung gab dem Antrag statt, Angela Merkel entschuldigte sich für das Gedicht und bezeichnete es als „bewusst verletzend“.

In einem Interview mit der „Zeit“ meldet sich der Komiker zu Wort. Über Kommentare zur „Staatsaffäre Böhmermann“ konnte er nur schmunzeln, denn er habe doch nur „einen rumpeligen, aber komplexen Witz gemacht“, wie er betont. Die Fragen der Journalisten beantwortete er in schriftlicher Form und schaffte es damit, Emojis in einer Zeitung unterzubringen – nicht der einzige Witz in diesem ausführlichen Gespräch.

„Doch stattdessen hat sie mich filetiert, einem nervenkranken Despoten zum Tee serviert und einen deutschen deutschen Ai Wei Wei aus mir gemacht“

Vorwürfe macht sich Jan Böhmermann keine. Er habe doch nur „anhand einer knapp vierminütigen satirischen Nummer zu erklären versucht, was eine freiheitliche und offene Demokratie von einer autoritären, repressiven De-facto-Autokratie unterscheidet“. Verwundert und verärgert zeigt sich Böhmermann über die Reaktion der Bundeskanzlerin, die seiner Meinung nach nicht für die Werte einer Demokratie einstand. „Die Bundeskanzlerin darf nicht wackeln, wenn es um Freiheit und Menschenrechte geht. Doch stattdessen hat sie mich filetiert, einem nervenkranken Despoten zum Tee serviert und einen deutschen Ai Wei Wei aus mir gemacht“, kritisiert Böhmermann.

Auf die Frage, ob er denn Mitleid mit Merkel gehabt habe – immerhin habe sie abwägen müssen zwischen Satirefreiheit und der Beziehung zu einer Regierung, die möglicherweise wieder Flüchtlinge sterben lässt – hat Böhmermann eine klare Antwort: „Ganz bestimmt nicht.“

„Präsident Erdoğan zu beleidigen, ist mir zu doof“

Vor allem eines möchte Jan Böhmermann in dem Interview immer wieder klarstellen: „Es geht nicht um das Gedicht“, sagt er. Es sei ein Teil der gesamten Nummer und sollte auf keinen Fall einzeln betrachtet werden. „Jeder, der dieses Gedicht aus dem Zusammenhang nimmt und losgelöst von der ganzen Nummer vorträgt, hat nicht alle Latten am Zaun“, so Böhmermann. Die Schmähkritik sei nicht „bewusst verletztend“, denn Erdoğan schlicht zu beleidigen, sei dem Komiker „zu doof“, lässt er wissen, „es ging eher um die Illustration einer Beleidigung, die natürlich auch mit plumpen Klischees und Vorurteilen hantiert.“

Die Unterstützung von Kollegen, Journalisten und Politikern hat Böhmermann mitverfolgt. „Wer hätte gedacht, dass Didi Hallervorden und Mathias Döpfner mal Hand in Hand für die Kunstfreiheit kämpfen?“, fügt er amüsiert hinzu. Dennoch habe er sich in seinem Glauben erschüttert gefühlt, was auch der Grund für seine Absage der Teilnahme an der Grimme-Preisverleihung war.

Am 12. Mai kehrt Jan Böhmermann nach seiner selbst auferlegten Pause wieder zurück – mit einer neuen Folge des „Neo Magazin Royale“. Seinen Sinn für Humor hat er durch die „Staatsaffäre“ definitiv nicht verloren. Auf Merkels Kommentar reagiert er auf seine ganz eigene Art und Weise: „Ich finde das apfelgrüne Kostümoberteil und das lilafarbene Samtsakko der Bundeskanzlerin auch ‚bewusst verletztend‘“. Doch sein Fazit zeugt von Enttäuschung und ein wenig Verbitterung: „Was Satire darf und was nicht – das ist nach der ganzen Nummer hier wohl klar -, entscheidet immer noch die Bundeskanzlerin persönlich.“

Mehr zum Interview findet unter Zeit.de