Jamiroquai: London, Wembley Arena
DIE ENGLÄNDER NENNEN SO WAS „GOOD clean fun“. Und guter, sauberer Spaß ist es auch. Vielleicht sogar eine Spur zu sauber. Denn Jamiroquais Stilmix aus US-Soul, Seventies-Funk und Disco-Sound ist zu wenig authentisch, zu glatt, um den Schweiß ungebremster innerer Begeisterung fließen zu lassen. Außer auf der Bühne natürlich. Da wird transpiriert auf Teufel komm‘ raus. In erster Linie natürlich unter Jay Kays komischer Pelzmütze, die er während des kompletten Konzerts nur ein einziges Mal abnimmt – um sich zu den herrlich hohlen Klängen des Didgeridoos einen australischen Kopfschmuck überzustülpen. Wären da nicht die extrem elastischen Tanzschritte, die leicht nasale, phrasierungsfähige Stimme und die rigorose Bestimmtheit, mit der dieser Mann sein veritables Orchester dirigiert (mit komplettem Bläsersatz, zwei Keyboardern und doppeltem Schlagwerk), dann könnte der Typ da oben auf der Bühne glatt ein gut gestimmtes Double des neu inthronisierten Discokönigs Jay Kay sein. Möglichkeiten zur Identifizierung des groovenden Gummimännleins gibt’s nämlich so gut wie nicht – das pelzige Hütchen hängt dem Jamiroquai-Boß bis über die Augenbrauen. Aber gerade das weist den Mann auf der Bühne als Original aus. Niemand außer dem hitzebeständigen Kappenkopf Jay Kay nämlich würde bei den hochsommerlichen Temperaturen in der Wembley Arena das schweißtreibende Showprogramm ohne ernst zu nehmende Kreislaufbeschwerden ohne weiteres überstehen. Keine Frage: Unter den Performern ist Kay ein Könner der Extraklasse. Er tanzt, geht auf die Knie, gibt – noch am Boden liegend – die große Geste. Und seine Gäste danken’s ihm. 30.000 Leute in der zweimal hintereinander ausverkauften Wembley Arena feiern ihren Jay Kay und bekommen dafür alles, was das Fanherz höherschlagen läßt von „Canned Heat“ aus dem aktuellen Album „Synkronized“ über „Space Cowboy“ bis hin zur Erfolgssingle „Cosmic Girl“, dem nach wie vor besten Stevie-Wonder-Song, den Stevie Wonder nicht geschrieben hat. Und dann, gegen Ende der Show und quasi als Sahnehäubchen auf einem satten Programm: ein Jamiroquai-Cover des 78er-Stones-Songs „Miss You“. Am Schluß ist Jay Kay klatschnass und das Publikum glücklich bis euphorisch. Doch da Jamiroquai augenscheinlich nur wohlerzogene Gäste anzieht, geht selbst überschwengliche Begeisterung an diesem Abend glatt über die Bühne. Wie gesagt: good clean fun. Ab 4. Oktober dann auch auf bundesdeutschen Bühnen zu bewundern.