Inc.
Man trägt wieder Netzhemden, am besten in Kombination mit langen Perlenketten und Peter-André-Gedächtnisscheitel. Nicht nur optisch beschwören die Brüder Andrew und Daniel Aged den R’n’B der 80er- und 90er-Jahre: Ihre Musik hat den lasziven Funk von Prince und den butterweichen Soul von D’Angelo. „Wir denken nicht wirklich darüber nach, ob wir nach einer bestimmten Zeit klingen“, sagt Andrew. „Heutzutage liegt der Schwerpunkt in der Musik nicht mehr auf dem Songwriting. Vielleicht ist das der Grund, warum sich die Leute bei unseren Songs vor allem an die Neunziger erinnert fühlen. Aber wir kommen einfach vom Soul, das ist die Sprache, die wir sprechen.“
Erlernt haben die Ageds diese Sprache, als sie noch Kinder waren. An der Grundschule beginnen sie Gitarre, Bass und Schlagzeug zu spielen. Zunächst schwärmen sie wie viele Teenager der damaligen Zeit für Nirvana und die Smashing Pumpkins, doch dann wird ein anderes Album zum musikalischen Schlüsselerlebnis für die beiden: „Nachdem wir im Jahr 2000 D’Angelos VOODOO gehört hatten, waren wir wie besessen davon“, sagt Daniel. „Die Platte war einfach so deep. Wir lernten, jede Note davon zu spielen.“
So werden Andrew und Daniel zu immer besseren Musikern. Nach der Schule beginnen sie eine Ausbildung am Konservatorium der University Of Southern California. Ihr Talent spricht sich schnell herum: Die Neo-Soulsänger Raphael Saadiq und Robin Thicke werden auf die Brüder aufmerksam und engagieren sie als Tourmusiker. „Wir haben einfach die Sprache verstanden, die diese Leute sprechen“, erklärt Andrew. „Wir zogen durch Blues-Clubs und Kirchen und trafen alte Meister, um diese schwarze amerikanische Kunstform Soul zu erlernen. Dadurch sind wir zu Spezialisten geworden und haben viele Anfragen von unterschiedlichen Künstlern aus allen Genres bekommen.“
Es folgen Engagements als Session- und Tourmusiker für Musiker wie Elton John, Beck und Pharrell Williams. Nach ein paar Jahren fühlen sich Daniel und Andrew in ihrer Rolle als musikalische Zuarbeiter allerdings nicht mehr wohl. „Das Leben als Sessionmusiker hat uns nichts mehr gegeben. Wir mussten etwas ändern“, sagt Andrew. „Also haben wir aufgehört, Aufträge anzunehmen und angefangen, eigene Musik zu schreiben.“
Unter dem Namen Teen Inc .veröffentlichten Andrew und Daniel 2010 eine 7-Inch-Single, wenig später werden sie vom Label 4AD unter Vertrag genommen. Seitdem ist viel passiert: „Ein guter Freund von uns ist gestorben. Unsere Eltern haben ihr Haus verloren“, erzählt Andrew. „Das alles hat sich auch in unserer Musik manifestiert.“
Heute ist das „Teen“ aus dem Bandnamen verschwunden. Die Ageds sind erwachsen geworden. Das neue Album NO WORLD klingt melancholischer als die bisherigen Veröffentlichungen der Band. „Wir führen momentan kein sehr privilegiertes Leben. Es ist ein täglicher Kampf, am Ball zu bleiben“, sagt Andrew. „Die Arbeit am Album hat uns Kraft gegeben und uns geheilt. Hoffentlich hat die Platte auf den Rest der Welt eine ähnliche Wirkung.“
Albumkritik ME 3/13
Ein wichtiger Einfluss für Inc. ist der amerikanische Philosoph Terence McKenna (1946 – 2000). Er vertrat die These, dass Kultur in all ihren Formen dem Individualismus und der Kreativität des Menschen entgegensteht.
Auf Tour werden Inc. zum Quartett: Die Schlagzeuger Lemar Carter und D-M.I.L. E. ergänzen das Line-up.
Ihr Debütalbum NO WORLD haben die Brüder Ende 2011 selbst produziert.
Klingt wie: Prince, D’Angelo, Dâm-Funk