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Danemark hat früher als viele andere Rockprovinzen seine Minderwertigkeitskomplexe infolge angelsächsischer Vorherrschaft abgeschüttelt. So zählt seit Jahr und Tag eine dänische Band zu den größten Rock-Attraktionen des Landes, die in Relation zur Bevölkerung mehr Platten verkauft als irgendeine deutsche Rockband hierzulande. Ihr Name: Gasolin‘. Eine Bluesrock-Truppe, die das Zuhören weder durch ausgeflippte Soloausflüge noch durch komplexe Verstrickungen erschwert, die aber auch nicht nach dem schnellen Kommerzerfolg geschielt hat. Obgleich sie als eine der ersten kontinentalen Bands enge Verbindungen nach England hatte und ihre frühen Alben in London abmischte, hat sie sich nie ins Kielwasser jener zahllosen Anglo-Profis ziehen lassen, die Güte mit Angleichung an englische oder amerikanische Vorbilder verwechseln.

Von sehr wenigen Ausnahmen abgesehen singt Gasolin‘ Dänisch. Auch ihr später Versuch, mit der (nachträglichen) englischen Version ihres Albums ,What A Lemon in den U.S.A. und in England zu landen, zeigt, daß das Quartett Kim Larsen (Gesang, Gitarre), Sdren Berlev (Schlagzeug), Franz Becker (Gitarre, Tasten) und Wili Jönsson (Baß, Tasten, Gesang) erst mal ans heimische Publikum denkt. Die Band pflegte Anfang der 70er einen melodischen Bluesrock, als ringsum der Heavy Rock in voller Blüte stand. Die Dänen spielten zurückhaltend, manchmal beschaulich erzählend und auf der zweiten LP Gasolin 2 (aufgenommen im Sommer 1972) fast (skandinavisch) temperamentarm. Von Beginn an auf eigene Handschrift bedacht. Das Debutalbum Gasolin‘ klingt noch interessanter. Die Larsen-Stücke „Hey Christoffer“ und „LilM-Lilli“ bringen den meisten Schwung. Die Kombinationen von elektrifiziertem Gruppensound und akustischer Gitarre sind gelungen.

Ab und wann auch bei uns veröffentlicht, haben die meisten, besonders die frühen Gasolin‘-LPs die deutschen Kataloge längst wieder verlassen. Beim Phonogram Importservice in Frankfurt wird ihr Bestand aber noch gepflegt. Der eindrucksvollste Ohrwurm findet sich auf Gas 5(1975), als die Dänen bereits erheblich härter klangen: „Fatherless Hill“.

Legs Diamond heißen fünf fleißige Schermetallrocker, die im letzten Jahr in Los Angeles zwei LPs einspielten: Legs Diamond und A Diamond Is A Hard Rock. Ganz so brutal, wie das Cover (Phonogram Import-Service) ihres Debutalbums befürchten läßt, klingen sie aber doch nicht. Da entpuppt sich die Gitarre als Maschinenpistole, mit deren Hilfe soeben ein Autoheck zersiebt wurde. Die fünf jungen Rocker spielen handfeste Energiemusik, spritzig und kraftvoll, nicht wuchtig schwerfällig wie viele Schwermetaller. Originelle, rhythmisch stark betonte Klangeffekte leiten einige ihrer Songs ein. Am Material hapert’s noch, und für eine achteinhalb Minuten lange Nummer (erste LP) reicht’s noch nicht. Sie scheinen’s gemerkt zu haben. Auf dem jüngeren Album sind sie bündiger und besser. Winfried Trenkler