Ihr Leben spielt sich zwischen den Bermudas, Los Angeles und London ab. Auch musikalisch ist Heather Nova immer in Bewegung.


Vorbei sind die Jahre, in denen Heather Nova (32) ihre Privatsphäre verteidigte wie eine Löwin ihre Jungen. „Bei meinen vielen Live-Auftritten habe ich gelernt, dass der Verlust von Kontrolle etwas Positives ist“, sagt sie lächelnd. „Also, ich würde die Kontrolle nicht an jemand anderen abgeben, aber man lernt auf der Bühne, die Dinge einfach geschehen zu lassen.“ Freundlich bietet sie die Getränke ihrer Minibar im Münchner Sheraton Hotel an, hört aufmerksam zu und antwortet überlegt, ehrlich und ein großes Stück offener, als man das zu „Siren“- oder „Oyster“-Zeiten gewohnt war.

Die dritte Studio-LP heißt „South“. Entstanden ist sie überall: auf den Bermudas, wo Heather auf einem Boot aufgewachsen ist, in Los Angeles, New York, in Schweden und in ihrer Wahlheimat London. „Ich lebe eigentlich nirgends so richtig“, überlegt sie. „Nach jeder Tour nehme ich mir vor, sesshaft zu werden. Aber ich muss immer in Bewegung bleiben“ Nachdem sie die Songs auf den Bermudas komponiert, in Los Angeles, New York und London aufgenommen und abgemischt hatte, interessierte sich in der britischen Hauptstadt plötzlich ein Rockstar für das Album, mit dem nicht unbedingt zu rechnen war. „Ich hatte nie vor, mit Bryan Adams zu arbeiten, weil…“, zögert Heather Nova und überlegt lange, wie sie das erklären kann, ohne ihren alten Freund“ Adams zu verletzen, „…weil seine Musik nicht wirklich… meiner ähnelt, weißt du? Aber ich war bei ihm zu Hause und habe ihm South‘ vorgespielt. Er war total von Like Lovers Do‘ fasziniert und wollte ein paar Sachen daran ausprobieren. Ich hab‘ mir gedacht, man muss im Leben ja offen sein, oder?“, lacht sie und besteht darauf, dass es „total nebenbei“ passiert sei, dass Bryan Adams besagten Track um eine Gitarre und Background Vocals bereicherte. „Es hat Spaß gemacht. Und Musik soll Spaß machen“, sagt sie.

Bryan Adams hat dem Album nicht geschadet. „South“ ist ähnlich gefühlvoll und harmonisch wie „Oyster“ und „Siren“, klingt in Heathers Ohren aber um einiges mehr „rootsy“. „Ich wollte zum ersten Mal kein Rockalbum machen“, erklärt sie. „Ich wollte ausprobieren, ob es möglich ist, eine Platte einzuspielen, die die gleiche Power wie eine Rockplatte hat, die aber ohne die Intensität des Rocksounds auskommt“. Und so experimentiert Heather Nova auf „South“ mit oft spärlichen, akustischen Arrangements, die bisweilen von Drumcomputern strukturiert werden. „Schlichtheit schließt Drumcompuier nicht aus“, stellt sie klar. „Eine akustische Gitarre kann genauso schlicht sein wie HipHop“.

Für die Zukunft stehen einige Entscheidungen an: Zum einen ist Heather Nova unschlüssig, ob sie einen Gedichtband veröffentlichen soll. „Ich denke drüber nach“, meint sie und windet sich erst ein bisschen und dann noch viel mehr, als die Sprache auf die Gedichtbände ihrer Kollegin Jewel kommt. „Uh… das ist mir alles ziemlich unangenehm. Die Leute denken dann wieder, dass ich das nur mache, weil es ‚in‘ ist, wenn man eine Songschreiberin ist. Aber ich schreibe Gedichte, seit ich Songs schreibe. Und ich kann damit eine andere Seite von mir zeigen – das ist fast noch intimer als Songwriting.“ Zum anderen ist Heathers Standortfrage zu klären. „London hat mir viele Türen geöffnet. Dort hab‘ ich gemerkt, dass ich die Kraft habe, das alles auf die Beine zu stellen, dass ich mit Musik meinen Lebensunterhall verdienen kann.“ Doch in den letzten Monaten zog es sie oft in den Süden: „Dieser Sog, der mich zu meinen Ursprüngen zurückbringt, scheint unausweichlich“, äußerte sie kürzlich. „Ich fühle, wie ich zurück in den Süden, auf die Inseln, gezogen werde“.

Ende der 80er Jahre, als sich Heather Nova nicht entscheiden konnte, ob sie ihre Karriere in London, New York oder Los Angeles starten sollte, befragte sie das chinesische Orakel I-Ching. Gespannt warf sie die Stäbe, deren Zufallssystematik John Cage über Jahre als Inspiration für seine modernen Kompositonen diente. Das Ergebnis lautete: „Du musst über sehr viel Wasser reisen, um deine Bestimmung zu finden“, erinnert sich Heather Novas Ehemann Felix Todd. Sie befolgte den Rat und unterschrieb in London ihren ersten Plattenvertrag. Heute wird sie das Orakel vermutlich nicht mehr brauchen, sie vertraut einfach auf ihren Instinkt. „Mein Vater hat mir in diesen Dingen etwas beigebracht“, sagt sie lächelnd. „Man sollte sich keine Sorgen machen, denn die großen Entscheidungen haben die gleiche Bedeutung wie die kleinen. Es ist nicht wirklich wichtig, welche Entscheidung du triffst – solange du nur Entschlossenheit zeigst. Wenn du spürst, dass etwas richtig ist, dann werden sich Türen öffnen“, sagt sie und erkundigt sich vorsichtig, ob das verständlich ist. „Aus Gedanken wird Aktion. Du schickst einen Gedanken los, der dann Taten nach sich zieht.“

www.heathernova.com