Ice-T


Welch ein Bild: Eine riesige Menschentraube klebt vor einer verschlossenen Tür im Rotlichtdistrikt Hamburgs. Die meist minderjährigen HipHop-Jünger blicken dabei so finster aus der gestylten Wäsche, als könnten sie Zahnstocher in der bloßen Hand zerquetschen. Gangster-Attitude auf hanseatisch. Vorbeiziehende Nachtschwärmer auf der Suche nach etwas Liebe gegen Geld blicken verstört und huschen schnell weiter. „Ich muß da rein“, brüllt ein gerade Mjähnger, „wer verkauft mir seine Karte?!“

Das Hamburger Ice-T-Konzert ist seit langem ausverkauft. Die Schwarzmarkt-Tarife steigen vor Konzertbeginn von Minute zu Minute; schließlich werden bis zu DM 100,— gezahlt. Eine neue Dimension im Geschäft mit der Street-Credibility.

Dabei war so manch teuer bezahlte Eintrittskarte nicht mal die Hälfte wert. Denn es waren vor allem Lautstärke und Einfallslosigkeit, die die unmotiviert vor sich hin rappenden Stars aus Ice-T’s Rhyme Syndicate-Truppe auszeichneten. Nach einem drögen Aufwärm-Programm mit Nat The Cat und Lord Finesse zogen Donald Dee und die lautstark herbeigeschrienen Hi-Jack ihre nicht minder langweiligen Stakkato-Sets ab. Jeder Ansatz zu etwas differenzierteren Grooves — wie etwa bei Donald Dee — ging ohnehin im Brei der völlig übersteuerten Anlage unter.

Die größte Enttäuschung des Abends war jedoch Ice-T höchstpersönlich. Dabei hatte das Muskelpaket aus South Central auf seinen vorangegangenen Tourneen eindrucksvoll bewiesen, daß er überzeugend harte Live-Sets zu präsentieren weiß. An diesem Abend begnügte sich der selbsterklärte „Original Gangster“ mit einem jämmerlich drucklosen Abspulen der eigenen Hits. Das penetrante Wiederholen der immer gleichen HipHop-Agitation auf Club Mediterranee-Niveau war schlichtweg mitleiderregend.

Immerhin konnte man miterleben, daß mittlerweile auch HipHop-Stars unter ersten Verschleißerscheinungen leiden. Nicht auszudenken, wie sich vermeintliche HipHop-Revivals in 20 Jahren ausnehmen werden. Müssen wir uns beizeiten auf einen 50jährigen Ice-T einstellen, der „Hell Motherfukker Yeah!“ schreit? Gott bewahre.