Hotlist 2024: Die spannendsten Newcomer:innen des Jahres
Von The Last Dinner Party über Chappell Roan bis hin zu Fat Dog: Von diesen 13 Artists erwarten noch einiges.
Pashanim: Der Prinz von Berlin
Die Songs des jungen Kreuzberger Rappers Pashanim klingen nach den Nullerjahren und Übermorgen zugleich. Sie weisen in eine Zukunft, in der deutscher HipHop durchdachter, weniger machohaft ist, aber trotzdem mit Swag von der Straße erzählt.
Pashanim ist eine neue Art von Deutsch-Rapper. Bereits drei Sommerhits hat er in den letzten Jahren gehabt – „Airwaves“ 2020, „Sommergewitter“ 2021, „Kleiner Prinz“ 2022. Alle schafften es vom TikTok-Hype befeuert in die deutschen Charts. Worum es geht? Um seine Nachbarschaft, seine Jungs, um Übermut und ums Verliebtsein, um hippe Markenklamotten und sein Leben als Rap-Newcomer. Trotzdem fühlt sich das alles irgendwie anders an. Pashanims Songs sind mehr Gefühl als Geschichte. Abgehoben wirken sie nie. Er nimmt einen einfach mit in seine Welt. Hier trägt man zwar auch gern Designer-Shirts, die sind aber vom Basar und nicht aus dem KaDeWe. Vielleicht wird ein bisschen geflext, aber geprotzt wird nie.
Auch auf die Schnelllebigkeit von Business und Internetzeitalters lässt sich Pashanim nicht ein. Seine Songs sind zwar alle zeitgemäß kurz (selten mehr als zwei Minuten), erscheinen aber nicht im Monatsrhythmus, sondern sehr ausgewählt. Ein Album gibt es immer noch nicht. Auch Interviews gibt er so gut wie keine. Und der 23-Jährige teilt – untypisch für die Gen Z – auch nicht sein ganzes Leben in sozialen Netzwerken. Es geht um den richtigen Vibe. Und der soll aus der Musik sprechen – und aus der sehr durchdachten Ästhetik der Cover und Videos, bei denen der Rapper oft selbst Regie führt. Dass er Filmliebhaber ist, merkte man auch schon am Titel seines ersten längeren Mixtapes „Himmel über Berlin“ (2022), eine Anspielung auf Wim Wenders Klassiker aus einem Jahr (1987) lange vor Pashanims Geburt. Der ist nämlich ein Kind des Millenniums: geboren 2000 als Can David Bayram, aufgewachsen in Kreuzberg 61 (nach der alten PLZ) . Rappen tut er, seitdem er zwölf ist. Mit 17 gründete er das Rap-Kollektiv Playboys Mafia, zu dem auch Symba gehört. Seitdem er 18 ist, veröffentlich er eigene Songs.
Was Pashanim besonders gut kann: das Gefühl eines – oder besser: seines – Berliner Sommers spürbar machen. Er macht nur kurze Bilder auf, Momentaufnahmen aus seiner Welt, und man ist sofort drin. Der Sound lebt von kleinen Stilbrüchen und unkonventionellen Ideen. Berliner Straßenrap von heute, gepaart mit einem smoothen 2000er-R’n’B-Bounce? Funktioniert wahnsinnig gut. Genauso wie seine neue Single „Ms. Jackson“: Die Gitarren im Soundbett klingen nach Indie-Pop (vielleicht sogar NDW), die Beats nach Drum’n’Bass. Titel und Inhalt verweisen auf den OutKast-Hit, aber mit neuem Berliner Twist, sehr viel Zeitgeist und ein bisschen Sozalkritik: „Tut mir leid, doch ihre Tochter mag ein’n Jung’n aus 61, Ms. Jackson.“ Letzterer scheint nicht zu passen, aus welchem Viertel der Schwiegersohn kommt. Dabei macht er Straßenrap mit Avantgarde-Gefühl.
Woher: Berlin-Kreuzberg
Für Fans von: Symba, Yung Hurn, OutKast, Hochsommer in Berlin
Anspieltipps: „Ms. Jackson”, „Sommergewitter“
Neue Musik: weiß keiner, außer er selbst
Live: Hurricane Festival im Juni
(Annett Scheffel)