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English Teacher: Postpunk trifft Power-Ballade
English Teacher führen ein kühles Genre zu unverhoffter Wärme, auch Dank der Lyrics von Sängerin und Songwriterin Lily Fontaine.
Noch Ende der 2010er-Jahre riet man Bands, Namen zu finden, die sich im Internet-Age gut finden lassen. Allerhand wurde ausprobiert: Zahlen statt Buchstaben, absichtlich falsche Schreibweisen, abstruse Sprachgebilde. Die englische Postpunk-Szene tickt neuerdings anders, sie setzt auf denkbar banale Namen: Dry Cleaning, Shame, Working Men’s Club, und jetzt English Teacher – ungoogelbar.
Sängerin und Songwriterin Lily Fontaine stammt aus einer Familie, in der man per Geburt dazu verdammt sei, Englisch zu unterrichten, wie sie sagt. Als sie merkte, dass sie aus der Rolle fallen würde und parallel ihre erste ernst zu nehmende Band gründete, habe es auf der Hand gelegen, diese English Teacher zu nennen. Die Gruppe kommt aus Leeds, seit Generationen neben London ein zweites Zentrum der englischen Postpunk-Bewegung (wie aktuell die von Jon Savage kuratierte Compilation THE ART SCHOOL DANCE GOES ON: LEEDS POST-PUNK 1977-1974 zeigt).
Klangen die Acts aus der ruppigen Grafschaft Yorkshire damals provokant und extrakantig, wählen English Teacher einen anderen Ansatz. Die drei Singles aus dem Jahr 2023 kombinieren den distanzierten Sprechgesang-Style von Dry Cleaning mit eingängigen Pop-Parts. Der Song „Nearly Daffodils“ zum Beispiel besitzt einen hübschen Chorus, wobei die Band rund um den Refrain hektische Math-Rock-Elemente integriert und immer mal wieder Indie-Rock-Krach spielt.
Der Star der Show ist eindeutig Sängerin Lily Fontaine, bereits Testimonial für Fred Perry. Auf „Albert Road Pt. 2“, der kommenden Single, probieren sich English Teacher an einer Postpunk-Power-Ballade, wobei Fontaine die lyrische Beobachtungsgabe von Alex Turner mit der emotionalen Performance einer Kirsty MacColl zusammenbringt. Auch Soul findet sich in ihrem Vortrag. Gilt Postpunk generell als eher unterkühltes Genre, zeigen English Teacher mit „Albert Road Pt. 2“, wie viel Wärme entsteht, wenn man die Verzweiflung anders inszeniert. Das erste Album der Band erscheint im April, wichtig wird dann sein, Lily Fontaines Texte zu studieren. Denn zwar ist der Bandname English Teacher in erster Instanz ein Gag, beim längeren Nachdenken findet die Texterin aber einen ernsthaften Bezug: Gitarrenmusik ohne starke Lyrics kommen ihr komplett sinnlos vor. Und so begreift sie sich eher als Schreiberin, denn als Musikerin.
Woher: Leeds
Für Fans von: Dry Cleaning, Black Box Recorder, Honeyglaze, großen Gesten im urbanen Umfeld
Anspieltipps: „Mastermind Specialism“ und die kommende Single „Albert Road Pt. 2“ (19. Januar)
Neue Musik: das Debütalbum soll im April kommen
Live: vorerst nur Dates im UK
(André Bosse)