Hotlist 2014: Chance The Rapper
Das nächste große Ding im HipHop arbeitet an allen Klischees vorbei.
James Blake lud ihn auf sein Album, neben Ikonen wie RZA und Brian Eno. Die ewig hippe „Dazed & Confused“ nahm ihn aufs Cover, bevor auch nur eine Minute seiner Musik offiziell erhältlich war. Bun B, der gestrenge Grandseigneur des Südstaatenrap, hat nichts als Lob für ihn übrig. Und der große Q-Tip bezeichnete ihn sogar als seinen aktuellen Lieblingsrapper. Chance The Rapper aus Chicago, da scheinen sich eine ganze Menge Menschen einig zu sein, ist das nächste große Ding im HipHop (und weit darüber hinaus). Er vereint ein fast unverschämtes Gespür für eingängige Binnenmelodien mit dem Mut, mit klanglichen Konventionen zu brechen, sofern es der Song verlangt.
Das unterscheidet ihn von all den ach so rebellischen Rappern der Röhrenjeans-Generation: Der Grenzübertritt aus Freude am Grenzübertritt ist ihm fremd; Chance ist kein Poser, sondern Musiker und natürlich Rapper, und zwar ein ganz famoser. „Lean all on the square, that’s a fuckin’ rhombus“, heißt es auf„Smoke Again“ mit dem wesensverwandten Ab-Soul aus Kendrick Lamars Black-Hippy-Crew, einem der stärksten Stücke auf seinem ohnehin großartigen Gratis-Mixtape ACID RAP – mehr um die Ecke gedachte Referenzen lassen sich kaum in einen im Grunde simplen Einzeiler über Betäubungsmittel packen. Überhaupt, die Drogen.
Vor zwei Jahren schwor Chance der Kleinkriminalität ab – über dope über Dope rappen tut er immer noch. Im Gegensatz zu den meisten Kollegen beschränkt er sich dabei nicht auf Bordstein-BWL. Seine Tracks sind vielmehr voll von Referenzen an den Rausch. „I trip to make the fall shorter“, heißt es einmal, die alte Biggie-Regel „Never get high on your own supply“ scheint er recht großzügig auszulegen. Gleichzeitig verpackt er mit seinen läppischen 20 Jahren in seinen Zeilen mehr Wahrheiten über das Leben als andere MCs in ihrem Lebenswerk. Auch daraus speist sich die Faszination Chance The Rappers: dass er Psychedelic und Punch vereint wie derzeit kein anderer.
2014 sollte ihm, sofern nicht alles schiefgeht, zum Triumphzug geraten. Die sich überschlagenden Majorangebote wird er in aller Ruhe sondieren, während sich Justin Bieber, Rihanna und Eminem um Gaststrophen prügeln. Irgendwann wird dann auch endlich das Album kommen, das HipHop teilen wird. In ein Davor und ein Danach.