Eine elektronische Band, die Leben auf die Bühne bringt. Hat man auch nicht alle Tage.
Auf einer Leinwand sind geometrische Figuren zu sehen, die sich bewegen und ihre Form verändern. Das erinnert schwer an die Shows von Kraftwerk. Vor der Wand stehen fünf Musiker in einer Reihe, die Keyboards spielen. Das erinnert schwer an die Shows von Kraftwerk. Die Band spielt elektronische Popmusik. Woran erinnert uns das ganz schwer? Aha, könnte man jetzt einwenden, wenn man es nicht selbst gesehen hat: doch bloß wieder Retro-Typen, die sich krampfhaft an ein Original klammern!? Denkste! Hot Chip veranstalten auf der Bühne noch ganz andere Sachen. Sie greifen zum Beispiel zu Gitarre, zu Bongos, Maracas und den von The Rapture zum Hipster-Instrument gemachten Kuhglocken. Durch geschickten Gebrauch dieser diversen Geräte lebt die Maschinenmusik des Londoner Quintetts auf. wird sie funky. Die Musiker selbst stehen kaum still, und es dauert nicht lange, bis das Publikum ebenso in Bewegung gerat. Bei „And I Was A Boy From School‘ brandet Jubel auf, besonders bei Einsetzen des Bassgrooves. Hot Chip sind, wie sich mittlerweile herumgesprochen hat, die elektronische Band, an der sich auch Indie-Fans ergötzen können. Im Lido aber zeigt sich, dass die meisten Besucher mit den Feierritualen der Rave- und Techno-Ära bestens vertraut sind.
Das mit der Einzelnennung von Querverweisen ist aber wirklich gefährlich. Es gibt an diesem Abend viel zu viele davon zu orten. Wenn der kahl geschorene und mit knallgrüner Brille auftretende Sänger Alexis Taylor seine verschrobenen Texte zum Besten gibt und der Sound etwas kantiger und zickiger wird, ist man bei Devo. Kommt mehr Gitarre zum Einsatz, rückt man naher an A Certain Ratio heran. Setzt ein House-Beat ein, assoziiert man Daft Punk. Das macht schon Laune, weil Hot Chip in ihren Geräten immer noch einen Extratrick, irgendein Zwirbeln oder Zwacken, bereithalten. Dadurch gewinnt ihre Musik live endgültig an Fahrt. Leider hat die Band nicht genügend Zeit mitgebracht: Nach fünfzig Minuten der erste Abgang, schnell noch das hymnische „Not Fit State“ herausgeschleudert und hernach ein kurzer Zugabenblock mit drei Nummern, von denen sich „Over And Over als der klare Fetenbringer des Abends erweist. Schade, dass danach endgültig Schluss ist. Man hatte sich gerade so schön warm getanzt und eingejubelt.
