Hollies machen ohne Allan Clarke weiter
Allan Clarke hat die Hollies verlassen. Diese Nachricht erregte vor einiger Zeit in der britischen „Scene“ einiges Aufsehen. Neun Jahre lang hatte Clarke „seine“ Hollies als Boss und Sänger von einem Erfolg zum anderen geführt. Neun Jahre zählten sie zu Englands Spitzenformationen. Und neun Jahre lang wurde jede Single der Gruppe ein Hit, der mindestens in die Top 10 der Charts gelangte. Wie geht es weiter mit den Hollies? Besser gegesagt: Geht es überhaupt noch weiter ohne Allan Clarke? Wir trafen Tony Hicks (Sologitarre) und befragten ihn über die Zukunft der Hollies.
Warum hat Allan die Gruppe verlassen?
Eines Tages kam er an und fragte uns, ob es uns etwas ausmachte, wenn er zwar weiter mit den Hollies spielen, aber ausserdem an einer Solokarriere arbeiten würde. Er wollte dem Beispiel von Graham Nash nacheifern. Wir sagten: Ja, das macht uns etwas aus. Und wir stellten ihn vor die Entscheidung: Entweder, oder. Beides lässt sich unserer Meinung nach nicht realisieren. Denn es ist unmöglich, beides gut zu tun. Man kann seine Zeit und sein Interesse nicht in zwei Hälften teilen. Man muss sich auf eine Sache konzentrieren, wenn man sie zur Zufriedenheit aller durchführen will. Unseren Fans gegenüber wäre Allans Idee unfair gewesen, denn die Musik der Hollies hätte ganz sicherlich darunter gelitten. Vor die Wahl gestellt entschied sich Allan dann dafür, bei uns auszusteigen und tatsächlich nur noch solo zu arbeiten. Wir wünschen ihm viel Glück.
Wer wird Allan ersetzen?
Das steht bis jetzt noch in den Sternen. Als bekannt wurde, dass bei uns ein Job frei ist, meldeten sich natürlich alle möglichen Leute bei uns. Wir haben ein paar vorsingen lassen, aber jeder einzelne von ihnen versuchte, eine Kopie von Allan darzustellen. Wir brauchen keinen zweiten Mr. Clarke. Was wir suchen, ist ein Sänger, der etwas völlig anderes bringt. Jemand, mit einer eigenen Persönlichkeit, vielen Ideen und Inspirationen. Er soll uns den neuen Auftrieb geben, den jede Gruppe von Zeit zu Zeit mal nötig hat.
Dass gerade Allan Euch verlassen hat, Ist doch wohl besonders ungünstig. Schliesslich war er der Mittelpunkt der Gruppe.
Ach, darin sehen wir absolut keine Schwierigkeit. Allan war nicht populärer als alle anderen Mitglieder der Gruppe. Dass hat uns die Fanpost deutlich bewiesen.
Kannst Du uns etwas über Eure neue LP erzählen?
Unsere neue LP heisst „Distant Lights“ und ist mittlerweile auch auf dem deutschen Markt erschienen. Dieses Album ist ganz anders, als alles, was wir vorher gemacht haben. Es ist schön, etwas anderes herauszubringen, als die Leute erwartet haben. Meiner Meinung nach ist „Distant Light“ besser, als unsere früheren Aufnahmen. Es sind diesmal weniger Harmony-Stücke dabei. Ein paar Songs beziehen sich auf aktuelle politische Fragen, ein paar auf die Liebe… es ist eigentlich von allem etwas dabei. Ich habe übrigens fünf Nummern davon geschrieben.
Wann kommt Ihr wieder einmal nach Deutschland?
Unsere letzte Deutschland-Tournee liegt erst zwei Jahre zurück. Wir besuchen unsere deutschen Fans erst wieder, wenn wir ein neues Repertoire zusammengestellt haben. Es hat keinen Sinn, alte Dinge aufzuwärmen. Immer, wenn wir Konzerte auf dem Kontinent geben, bringen wir etwas Neues mit.
Wird sich Eure Musik In Zukunft etwas verändern?
In letzter Zeit haben wir angefangen, zu experimentieren und sind dabei etwas zu weit gegangen. Das machte sich bei „Hey Willie‘, unserer letzten Single, bemerkbar. Während alle früheren Platten ganz grosse Tophits wurden, kam „Hey Willie“ nur auf Plaz 8. Die Nummer war wohl zu heavy und wir ziehen daraus die Schlossfolgerung, dass wir in Zukunft einen Kompromiss finden müssen.
Es gibt Leute, die Euch als Teenybopper-Gruppe bezeichnen. Was hast Du darauf zu antworten?
Das ist Blödsinn. Wir sind definitiv keine Teenybopper-Gruppe. Vielleicht waren wir es früher einmal, aber die Zeiten sind doch wohl längst vorbei. Wir haben früher mehr kommerzielle Songs veröffentlicht und das ist in letzter Zeit kaum noch der Fall. Man kann allerdings kommerziell und trotzdem gut sein. „He Ain’t Heavy“, einer meiner Lieblingssongs, ist dafür ein gutes Beispiel. Die Platte war kommerziell, wurde millionenfach verkauft und ist trotzdem noch heute unheimlich gut. Wir hoffen, dass uns bald wieder einmal so eine Nummer gelingt.
Man sagt, die englische Scene sei seit einiger Zeit etwas langweilig. Es gibt kaum noch etwas Neues, es scheint irgendwie einen toten Punkt zu geben. Was hältst Du davon?
Ja, das stimmt schon. Alle warten darauf, dass etwas neues, aufregendes passiert. Eigentlich sagt man, dass alle 10 Jahre eine Veränderung einsetzt. Wir brauchen neue Beatles. Und die wird es irgendwann auch wieder einmal geben. Die jungen Leute von heute, die sich an die Beatles nicht mehr erinnern können, weil sie zu jung waren, als damals alles anfing, diese Leute werden die neuen Beatles bestimmen.