Hits zu verschenken


Du musst das Spiel nicht erfinden, um ein Meister zu werden. Zwei Schulfreunde spielen MGMT und gewinnen auf ganzer Linie.

Etwas Service zum Einstieg: Wenn Sie kein Freund des zweiten MGMT-Albums, waren, dann können Sie sich diesen Artikel sparen. Wenn Sie aber, wie der Musikexpress, fanden, dass CONGRATULATIONS der komplette Wahnsinn war, dann wird 2013 ein ziemlich bereicherndes Musikjahr für Sie. Denn bevor uns MGMT mit ihrem selbstbetitelten dritten Album beehren, machen Foxygen schon mal da weiter, wo die Kollegen aus Connecticut zuletzt aufgehört hatten: mit ideenüberströmendem Psychedelic-Pop, der die Welt erobern könnte, wenn diese Idee nur den Eingang in die gelockten Köpfe seiner Schöpfer fände. Mit WE ARE THE 21ST CENTURY AMBASSADORS OF PEACE & MAGIC ist soeben das zweite offizielle Album der Schulfreunde Sam France und Jonathan Rado erschienen.

In ihrer eigentlichen Zählweise haben die beiden allerdings schon den Output der Beatles überholt. Bereits zu Highschool-Zeiten nahmen Foxygen ein knappes Dutzend Alben auf, sie tragen Namen wie CAT FOOD, DOG FOOD, MOTOR OIL und sind, wie das erste reguläre Album der Band, TAKE THE KIDS OFF BROADWAY von 2011, nicht nur hoch assoziativ und amüsant, sondern auch sehr skizzenhaft, bei aller Liebe zur Melodie fast brutal in ihrer grobschlächtigen Ausführung. Das zweite Album der Libertines wäre jedenfalls näher am Produktionslevel von Queens A NIGHT AT THE OPERA als am Frühwerk Foxygens anzusiedeln. Und genau hier liegt das Faszinosum: Diese Band verschenkt Hits am laufenden Band. Kaum baut sich ein enthusiastischer Refrain auf, durchkreuzen die zwei schon mit dem nächsten Funk-Groove oder einem weiteren Hippie-Gospelchor. Ein gewiefter Produzent könnte aus diesen Alben Hitmonster machen. Aber Foxygen entschieden sich für den gefühlvollen Shins-Mann Richard Swift, einem ausgewiesenen Anti-will.i.am. Und dennoch ist ihnen diesmal, wie zufällig, ein Hit gelungen: „Shuggie“ führt in knapp dreieinhalb Minuten eine Kinks-Strophe über einen alten Motown-Groove als Bridge in einen „Hair“-Refrain. Und dann klingt Sänger Sam France, wenn er richtig loslegt, auch noch verblüffend wie Mick Jagger.

Ganz schön viele Klassiker-Referenzen für zwei Jungs, die gerade mal je 22 Jahre alt sind. Tatsächlich hören die beiden nicht viel neue Musik: „Richard Swift und MGMT. Das war’s“, sagt Rado in selten gehörtem Einverständnis des Heranziehens zeitgenössischer Vergleichswerte. Als ob die Editors sagen würden: „Aber sicher, wir hören Interpol rauf und runter!“ Und mit dieser Ehrlichkeit geht die Band auch ins neue Jahr: „Wir würden gerne mehr Geld verdienen“, sagt Rado lachend. „Wir würden das in aufwändigere Shows investieren. Unsere Musik schreit nach theatralischer Umsetzung und wir schlagen immer noch überall mit unserem kaputten Equipment auf. Ich hätte auch gerne einen Gitarrentechniker.“ Mindestens den sollten sich Foxygen mit einem der Songs des Jahres verdient haben.

Albumkritik ME 2/13