Hirnflimmern


Sorry, ich schätze, nichts ist so alt wie die doofe Award-Show von vor ein paar Wochen. Aber ich muss doch noch über die „Echo“-Verleihung „ventilieren“ (wie das der schweizerische Raubtierkapitalismus-Experte gestern bei „Anne Will“ wiederholt formulierte, in einer Sendung, in der es eine ganze Stunde lang exklusiv darum ging, ob Guido Westerwelle nun tragbar oder untragbar ist; so weit sind wir jetzt, das ist die Problemlage in der Republik – ich warte auf den ARD-Brennpunkt: „Westerwelle: Geht’s noch!?!“). Weil ich immer wieder nicht darüber hinwegkomme, dass solche Shows so dümmlich gemacht werden müssen. Da sitzt dann etwa Robbie Williams im Saal, was ja etwas wäre, womit man arbeiten könnte. Aber der Moderator, Kai Hodenpopel oder so, wanzt sich an Robbie ran und fängt sofort an, auf dem alten ausgelutschten „alle Frauen wollen mit Robbie in die Kiste“-Ding rumzureiten. Dies sei ja nun der letzte „Echo“-Abend für ihn, an dem er „noch Single“ sei. Was verwundert, glaubt man doch zu wissen, dass Robbie Williams derzeit eben NICHT Single, sondern vielmehr glücklich liiert ist. Aber Hodenpopel zotet weiter, die Mädels könnten heute noch mal ran, letzte Chance etc., weil klar: die Mädels allüberall wollen immer noch und immer weiter nur eins – mit Robbie in die Kiste! Robbie macht eine diffuse Miene und scheint, wie der Zuschauer, zu hoffen, damit möge nun der idiotischen Anspielungen auf seine mutmaßlich bevorstehende Eheschließung Genüge getan sein. Da setzt Hodenpopel, entschlossen – und wohl auch instruiert -, den supersten Superstar im Saal nicht so schnell vom Haken zu lassen, neu an. Jetzt dreht er die Logik um und kräht, „Millionen Männer“ seien „froh“, dass Robbie jetzt wohl bald heirate, weil klar: in der Idiotenunterhaltungshodenpopelwelt haben alle Männer immer noch und immer weiter Angst, dass ihnen ihre Frauen davonlaufen könnten in die Arme von Robbie Williams! Die Schlampen. Und er sagt zu Robbie, der wieder seine diffuse Miene macht: „You’re from the market!“, worauf Robbies Miene noch ein wenig diffuser wird, weil er nun überhaupt nicht mehr rafft, wovon dieser hektische Mann da eigentlich redet. Aber er ist freilich immer noch nicht from the hook, weil er später natürlich ein Preis kriegt. Und die Laudatio hält tatsächlich: Olli Kahn, der sich qualvolle Minuten an schalen Fußball-Metaphern entlanghangelt, bevor er Robbie, der das voll nötig hat, von Olli Kahn geadelt zu werden, als „wahren Titan“ adelt. Interessanter wurde es nur noch, als später die Schlagersängerin Michelle auftrat und eine gravitätische Laudatio auf die Kastelruther Spatzen hielt, in der sie informierte, deren „größter Fan“ sitze im Vatikan, das sei nämlich Papst Benedikt XVI. Ja, wussten Sie das nicht? Benedikt XVI. hat im Vatikan ein Zimmer, das bis an die Decke tapeziert ist mit Kastelruther-Spatzen-Postern und vollgestopft mit Kastelruther-Spatzen-Memorabilia. Da geht er rein und schließt sich ein, wenn ihn mal wieder alles nervt.