Hirnflimmern


Im True Metal gibt es keine Darmspiegelungen!

Szene, die unbedingt rein muss, wenn ich irgendwann meine intelligente woodyallenesque Twentysomethings-Komödie drehe: Wir stehen beim Sparklehorse-Konzert, Mark Linkous, der aussieht, als wäre er gerade von jemandem erbrochen worden, beugt sich schal über sein Mikro, und sie spielen eine Musik wie strangulierte Katzen.“Der Markus hatte ja jetzt vorgestern seine Darmspiegelung“, sagt beiläufig A. Oh. M-hm.

Szene, die unbedingt rein muss, wenn irgendwann dokumentiert werden soll, wie der 11. September auch den Rocknroll in Mitleidenschaft zog: Paul McCartney, der aussieht, als wäre er gerade von jemandem geliftet worden, steht auf der Bühne des Madison Square Garden in New York und sie spielen eine Musik, wie sie so nur für gute Zwecke erlaubt ist. „I will fight for the right to live in freedom“, singt dazu Field Commander McCartney. Mit überschnappender Stimme und umgehängter Akustikgitarre stakst er zwischen den versammelten Allstars herum, von denen sich jeder einen Feuerwehrmann unter den Arm geklemmt hat, und fordert wie ein veritabler Gegen-Pete Seeger armwedelnd zum Hootenanny 2001: „We shall overcome“ war gestern, heute ist Mobilmachung und jetzt alle zusammen! Es mag dieser Tage Bestürzenderes geben, aber ganz kalt kann es einen auch am Rande der Weltkrise nicht lassen, wenn sich da immerhin einer wie Paul McCartney endgültig Doch bestürzend: Paul McCartneys künstlerische Selbstentleibung künstlerisch entleibt und zum Durchhaltevorsänger von „America’s New War“ macht vor einem Publikum, das kurz zuvor noch Richard Gere ausbuhte, der buddhistischer und naiverweise zu Verständigung und Toleranz aufgerufen hatte. Sorry, Weichei, war mal ganz schick, ist aber momentan nicht der Mainstream. Lustiger waren da vorher noch Bon Jovi gewesen, die einer wie auch immer irr gearteten Eingebung zufolge „Wanted Dead Or Alive“gespielt hatten, das „Theme From Bin Laden“ quasi. Man konnte ihn sich vorstellen, wie er da auf seinem Muli den Khyberpass langreitet, der steckbrieflich Gesuchte, Marshall Bubba Bush auf den Fersen. Top Songauswahl, Jon. Jon?

Halb 12. Es geht wieder los. Der True Metal-Experte vom Hammer nebenan ist eingetrudelt und hat sogleich seinen HiFi-Verstärker aufgedreht. „My geeetar wants to kill your mama“, sagt die Band, die er hört zwar nicht, aber denken tut sie’s. „And also the Kollegen im Nachbarbüro!“ Es sägt und quiekt, und man muss die Tür zulehnen. Aber vielleicht sind wir einfach wirklich alle zu weich. „Im Rock’n’Roll gibt es keine Servietten“, teilteder Kollege The Lime letzthin trocken mit, nachdem mit Pizza gekleckert und gejammert worden war. Ganz recht! Und im True Metal keine Darmspiegelungen! Ihr kommt alle in meinen Film rein.