HipHop-Recap: Mit Little Simz und Layla
HipHop trifft auf verschiedene Genres: Die beiden Rapperinnen zeigen sich facettenreich.
Die HipHop-Empfehlungen dieser Woche kommen überraschend und überraschend anders als erwartet. Little Simz veröffentlicht ohne Vorankündigung den siebten Teil ihrer nun schon zehnjährigen EP-Reihe DROP 7. Und auch wenn ihr letztes Album NO THANK YOU nicht einmal zwei Jahre jung ist, präsentiert die 29-Jährige einen neuen, clubigeren Sound. Das heißt allerdings nicht, dass er einfach zu greifen sei. Sie nutzt dafür so gut wie jeden tanzbaren Beat und Genre-Einfluss. Wer am Freitagabend lieber zu Hause bleiben, sich ein paar Duftkerzen anzünden und Selfcare-Sunday um zwei Tage vorziehen möchte, hat mit Laylas neuem Track „Lügenbold“ die perfekte musikalische Begleitung dazu. Die gebürtige Hamburgerin wechselt hier nämlich Rap durch R&B-Gesang aus.
Layla – „Lügenbold“
Wer Layla nun etwas länger mitverfolgt, weiß, dass die Rapperin gerne mit verschiedenen Genres herumspielt. Aber wieso auch nicht? Ihre warme Stimme versteht es sich an smoothe Melodien anzuschmiegen oder elektronische Beats zu zügeln. 2020 veröffentlichte Layla größtenteils Singles, die vor allem ihre Rapskills hervorhoben und bewiesen, wie geschmeidig HipHop sein kann. Auch auf ihrer 2021 erschienenen EP TRABOE bewegt sie sich irgendwo zwischen Rap und R&B. Dazu sei gesagt: Layla rappt, keine Frage. Es ist eher der entspannte und selbstbewusste Flow, der an R&B erinnert. Ganz so vorhersehbar war ihr neuer Track trotzdem nicht, denn 2022 folgten mit „Pose“ ein harter elektronischer Sound und mit „Poster Girl“ ein paar Monate später schnelle, wilde Beats. 2023 kombiniert sie dann das Beste aus beiden in „Waterloo“. Und jetzt singt sie den zweiminütigen Song „Lügenbold“ komplett durch.
Layla beschreibt dabei eine monotone Liebesbeziehung, in der man angefangen hat, dem anderen nur „die halbe Wahrheit“ zu erzählen. Eine Verbindung, die man nicht mehr aus Liebe, sondern aus der Angst vor der Einsamkeit aufrecht erhält. Das Resümee: Es verhindert keine Trennung, sondern zieht sie nur hinaus, denn letztendlich gilt: „Jede Unwahrheit will ins Licht zurück, jede Unklarheit spricht für sich.“ Der Produzent Urban unterstreicht Laylas sanfte Stimme mit einem harmonischen, ruhigen R&B-Instrumental.
Little Simz – DROP 7
Nach ihrem Überraschungsalbum NO THANK YOU 2022 folgt nun die ÜBERRASCHUNGS-EP DROP 7. Und auch soundtechnisch lässt es sich Little Simz den „Warte, was?!“-Effekt nicht nehmen, denn sie serviert Clubmusik – aber gleich für zwei verschiedene Dancefloors. Erstrangig gibt uns die gebürtige Britin elektronische, straffe Beats für den nächsten Rave und gleichzeitig sorgen unterschwellige Reggeaton- und Trap-Einflüsse à la Rio de Janeiro für eine Fusion zweier Partys. Und all das trifft auf Rap. Und auf Gesang. Klingt nach einem wilden Mix, ist es beim ersten Reinhören auch. Beim zweiten entpuppt sich allerdings ein Zusammenspiel der Genres: Sie ergänzen sich, verschmelzen miteinander oder lösen sich gegenseitig ab.
Alles anders als erwartet
Insgesamt hat DROP 7, passend zum Titel, sieben Tracks und wurde diesmal nicht von Little Simz Stammproduzenten Inflo, der 2019 an GREY AREA mitwirkte, sondern von Jakwob produziert. Starten tut alles mit dem Song „Mood Swings“, der mit seinem Flow Little-Simz-Fans wachrüttelt und offiziell die experimentelle Ära einläutet. Ein durch und durch elektronischer Sound, der zugleich immer wieder von dominanten Trommeln abgelöst wird. Little Simz rappt mal langsamer, gleitet fast schon in den Gesang hinein, bis der Beatwechsel wieder harte Rapparts hervorholt. Electronic Dance trifft auf HipHop und Grime, während die Trommeln leicht an Funk mandelão erinnern. Wer den brasilianischen Einfluss hier überhört, dem wird es spätestens im nächsten Song „Fever“ bewusst. Denn neben Reggaeton-ähnlichem Sound wechselt Little Simz hier und da auch mal ins portugiesische. Wenn auch mit starkem Akzent rappt sie smooth zum Flow des Songs, bis „Torch“ dann wieder HipHopiger wird. Es erscheint wie ein Raptrack mit elektronischen Touch, in dem beide Genres vollkommen zu verschmelzen scheinen. In „I Ain’t Feelin It“ und dem kurzen Interlude-ähnlichen „Power“ übernimmt dann Rap wieder die Oberhand bis zum letzten Track „Far Away“, wo die 29-Jährige das vorherige Konzept wieder komplett zur Seite klatscht und durchgängig singt.
Drop 7 ist wohl mit Abstand Little Simz’ experimentellstes Werk. Gerade, wenn man denkt, man hätte es durchschaut, schmeißt die Rapperin alles um. Es ist untypisch für sie und mag deswegen einige Fans enttäuschen, aber es ist deswegen keineswegs weniger gut als ihre vorigen Platten. Little Simz bietet abwechslungsreiche Musik, zeigt dass Genres keine Grenzen haben, und bietet dadurch bei jedem Hören neue Entdeckungen.