Helloween, Berlin, Metropol


Kalter Schweiß läuft mir über den Rücken, als ich über den Bierdosen-Teppich die Treppe des Metropols hinaufflattere. Heute ist Helloween. Und man hat ja schon viel Gruseliges über dieses Ereignis hören können: daß sich die Typen vor der Bühne rundhobeln, flachwichsen oder anders vergnügen. Aber irgendwie sehen die heute hier alle ganz fröhlich aus. Die alten Hard-Rock-Recken mit glänzenden Halbglatzen versorgen sich im Vorraum mit ausreichend Nährstoff, Kleingruppen aufgeregter Heavy-Tussis kichern sich nach vorne, ein paar trunkene Nieten lehnen beschlagen an dunklen Ecken und dröhnen sich ein Loch in den Kopf.

Nach 40 Minuten Hochgeschwindigkeit von den Lokalmatadoren V2 und einer kurzen Verschnaufpause ist es soweit. Der Rest der Menschheit drückt sich nach vorne, nur einer schwimmt gegen den Strom nach draußen: Karl Wakerbach, Chef des Noise-Label, das Helioween so erfolgreich in den Markt hieven konnte. Nee, sagt Karl, die Luft wäre ihm zu dicke. Er kenne die Band ja schließlich schon.

Ein Helloween-Kinderlied erklingt, darauf eine wuchtige Overtüre, dann sind die Kürbisse auf der Bühne. Die Stimmung ist sofort auf dem Höhepunkt. Das klägliche bißchen Luft, das zwischen Band und Publikum zittert, wird mit einer geballten Ladung Hard-Rock in die Flure gedrängt. Die Bühne wäre zu klein, mosert Sänger Kiske. Dann will er wissen, ob die Fans schon ihre neue Single „Dr. Stein“ im Regal hätten. Klar, haben sie. Das alte Rein- und Raus-Spiel: Was der Sänger in die Menge reinbrüllt, schallt aus zahlreichen Kehlen wieder zurück.

Kiske ist begnadet. Ein Opernsänger vor dem Herrn. Als ob ihm jemand einen Angelhaken durch die Zungenspitze gebohrt hat und sie nun an einem seidenen Faden in himmlische Hönen zieht, bis knapp vor das Limit. Beeindruckend auch die Leistung von Schlagzeuger Schwichtenberg. Was der in den zwei Stunden an Schlägen verteilt — unglaublich! Da muß ’ne Oma lange für stricken. Gewaltig auch immer wieder das Synchronschwimmen über die Gitarrensaiten. Während Weikath dabei relaxed am linken Bühnenrand lauert, hüpft der Rest der Bande aufgeregt übers Parkett.

Überhaupt ist die Darbietung, trotz infernaler Power, immer noch locker. Helloween verzichten auf Macho-Gehabe. auf plumpe Posen und das sexistische Outfit ihrer meisten Kollegen.

Jeder Song wird mit einer Raketensalve abgefeuert, überall leuchten Kürbisköpfe und das Volk ist satt und zufrieden.